Technologie sucht Sinn

Philosophie für Ingenieure

 

 

Dominik Rüchardt

2017

 

 

 

 

© Dominik Rüchardt – 2017

Dominik@ruechardt.de – www.dominikruechardt.de

V2017.02.20

 

Vorwort

 

 

Die Geister, die ich rief …

Goethes Zauberlehrling kann noch den alten Hexenmeister um Hilfe rufen, wir, die wir in einer von Technik beherrschten Welt leben, können das nicht.

„Technologie sucht Sinn“ ist in philosophischer Spiegel für Techniker. Weil wir es brauchen – und weil es Spaß macht, sich mit den großen Fragen zu befassen. Gerichtet an all die Alchemisten und Zauberlehrlinge, die ebenso begeistert wie auch planlos im Sandkasten des Universums ihre Burgen bauen.

Es wird bei der Lektüre der eine oder andere Knoten in den Gedanken entstehen. Dann nicht aufgeben! Es sind Erkenntnisprozesse - und sie können wirklich Lust bereiten.

 

 

Viel Vergnügen!

 

Inhalt

 

Vorwort 3

Teil 1: Warum Techniker Philosophie brauchen. 9

Die menschliche Intelligenz ist dazu da, Probleme zu lösen. 9

Technik ist wertfrei 10

Intelligenz und Wissen – ein Unterschied. 11

Teil 2: Die 4 Säulen der Philosophie. 13

Metaphysik – der Aufbau der Welt 13

Von ‚Flach oder Kugel?‘ bis ‚Was war vor dem Urknall?‘ 13

Wahrnehmung und Glaube. 14

3000 Jahre alte Geschichten prägen uns bis heute. 15

Pragmatismus zwischen Göttern und Menschen. 15

Plato trennt das Göttliche vom Menschlichen. 16

Der Jenseitsbonus der Christen. 16

Mit Gallilei erwachten Wissenschaft und Technik. 17

Emanzipation von Gott in der Französischen Revolution. 18

And the winner is: 18

Erkenntnis. 19

Die Schöpfungsgeschichte und die Erkenntnis. 19

Wahrnehmung der Wahrheit?. 20

Erkennen ist ein schöpferischer Akt 21

Karl Marx machte Erkenntnis zu etwas Mächtigem.. 22

Revolution und Verantwortung. 22

Moral und Entscheidung: Richtig und Falsch. 23

Die Entscheidung ist die Bürde des menschlichen Lebens. 23

Das Naturrecht sagt: Richtig ist, was möglich ist 24

Das Tier reagiert, der Mensch agiert 24

Ethik, Moral und der gesunde Menschenverstand. 25

Der Kategorische Imperativ. 25

Ordnung. 26

Die Ordnung ist Sache der Philosophen. 27

Es gibt unendliche Formen der Ordnung. 27

Ordnungsformen mischen sich. 28

Ordnung in Unternehmen ist anders als Ordnung im Staat 28

Ordnung braucht Rebellion. 29

Unfreiheit in Freien Gesellschaften, Freiheit in Diktaturen. 30

Ordnung und ihre Zerstörung gehen Hand in Hand. 30

Teil 3: Technologie sucht Sinn. 31

Der Triumph der Technik: Möglichkeit überholt Wille. 31

Niemand wollte den ersten Weltkrieg. 31

Technologie auf dem Siegeszug über die Politik. 32

Ist Fortschritt gut?. 32

Das Leben ist Veränderung. 33

Technik findet nicht mehr im geschützten Raum statt 34

Technik verändert die Welt 35

Schuld ist eine Frage der Perspektive. 35

Ordnung als Orientierung. 36

Herrscher oder Sklave / Subjekt oder Objekt 37

Das Dilemma der Technik ist das Beherrschen. 38

Vernetzung und Überwachung. 39

Die Fragen von heute sind nicht neu. 40

Der perfekte Staat Platos. 40

Offene und geschlossene Systeme. 41

Problemlösung in geschlossenen Systemen macht glücklich. 42

Interaktion einer Problemlösung mit der Umwelt 42

Messbarkeit – eine trügerische Sicherheit 43

Messen bestätigt nicht Wahrheit, sondern widerlegt sie. 44

Noch einmal offene und geschlossene Systeme. 45

Die Gödelschen Unvollständigkeitssätze. 45

Die Bedeutung der Unvollständigkeitssätze zeigt die nicht Beherrschbarkeit offener Systeme  46

Die Sache mit der Optimierung. 47

Optimierung birgt große Gefahren. 47

Auch in offenen Systemen gibt es Grenzen. 49

Umgang mit Risiko – warum autonomes Fahren nicht geht 49

Denkmodell 1: Optimierung. 50

Denkmodell 2: Gefahrenvermeidung. 50

Denkmodell 3: Systemdynamik. 50

Denkmodell 4: Wahrnehmungswelten. 51

Denkmodell 5: Ökonomie. 52

Kann Big Data die Welt verbessern?. 53

Daten sind das neue Öl?. 54

Grenzen von Big Data. 55

Moralisches Outsourcing. 56

Teil 4: Mechanismen und Möglichkeiten. 58

Einstieg von außen. 58

Noch einmal das Universum.. 58

Das Universum ist größer als wir erfassen können. 58

Warum nur 3 Dimensionen?. 59

Mathematische Reise in die Unendlichkeit 60

Und noch eine andere Unendlichkeit 61

Ein Universum / Multiversen. 64

Die Unschärfe des Lebens zeichnet es aus. 65

Bewertung von Sinn und Wert 65

Entscheidungen fällen. 67

Organisationen können Maschinen sein oder organische Räume. 67

Umgang mit Faktens. 71

„Das wird kommen“ - In wessen Auftrag handle ich eigentlich. 73

Selbsterfüllende Prophezeiung. 74

Gewollte Veränderungen scheitern in der Regel 75

Das Internet und die freie Liebe. 76

Automatische Entscheidungen und der Irrtum.. 77

Die Sache mit dem Sinn. 78

Der Sinn entwischt gerne. 78

Paradiessehnsucht 79

Die Abschaffung der Religion führt zu einem Paradieswahn. 80

Paradiessehnsucht erzeugt autoritäre Systeme. 81

Zerstörung. 82

Die Digitale Weltherrschaft ist noch zu jung für Zerstörung. 83

Naturrecht und Gesellschaft 85

Der Zusammenhalt von Gesellschaften ist möglicherweise ein schützenswertes Gut 86

Technik und Politik – Wunsch und Wirklichkeit 87

Teil 5 – Themen jenseits der Vernunft 89

Glaube ermöglicht außerordentliches. 89

Tugenden und Todsünden. 90

Sieben Todsünden. 91

Sieben Kardinaltugenden. 92

Schlussbemerkung. 93

Sinntest 94

Überleben in der Wildnis: 94

Würde: 95

Entscheidung: 95

Ordnungstoleranz: 96

Einige Beispiele: 96

Hochgeschwindigkeits-Börsenhandel: 96

Abschaffung des Bargeldes: 97

Elektromobilität: 98

 


 

 

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Teil 1: Warum Techniker Philosophie brauchen

 

In den letzten Jahrhunderten waren Techniker Untertanen. Sie haben abgegrenzte Probleme gelöst in abgegrenzten Räumen, die Entscheidungen fällten Kaufleute, Könige oder andere Herrscher. Das hat sich geändert: Techniker sitzen am Hebel der Macht. Es ist also Zeit, aus dem geschützten Raum herauszutreten und sich mit den Untiefen der Macht zu befassen.

Die menschliche Intelligenz ist dazu da, Probleme zu lösen.

Mit diesem einfachen Satz könnte alles gesagt sein und es wäre gut. Nur fehlt der Aussage ein ganz wesentlicher Bestandteil: sie gibt uns keine Antwort darauf, was denn überhaupt ein Problem ist.

Das bedeutet, die Aussage, die eigentlich den Anspruch hat, die Frage nach dem Sinn der Intelligenz zu beantworten, verlagert das Problem nur. Tatsächlich wälzt sie die Antwort auf die Frage nach der Existenz und dem Sinn eines Problems ab.

Karl Popper, der vermutlich wichtigste und prägendste Philosoph des späteren 20. Jahrhunderts, also der Zeit nach den Weltkriegen und nach Relativitätstheorie und Quantenmechanik nennt eines seiner Bücher: „Das Leben ist ein Problemlösen“. Er kommt der Sache damit schon näher. Allerdings macht er einen wesentlichen Unterschied: er verzichtet in seiner Aussage auf die Sinnfrage. Er beschreibt ein Charakteristikum des Lebens als technischen Prozess - und er bleibt dabei wertfrei.

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Technik ist wertfrei

Und damit sind wir bei der Technik. Sie ist wertfrei. Sie probiert irgendetwas - und etwas geschieht. Das kann einfach sein, wie ein Apfel, der vom Baum fällt, oder sehr kompliziert, wie eine Reise zum Mond oder eine moderne Autofabrik.

Doch die Menschheit hat für ihre Entwicklung auch noch andere Disziplinen entwickelt als die Technik: Den Handel, die Kriegsführung, die Religion, die Politik, um nur einige zu nennen, nicht zu vergessen natürlich die Kunst und den Humor. Alle zusammen tragen zu dem bei, was wir heute Gesellschaft nennen und zwar in einer dramatischen Vielfalt und Dynamik.

Die Philosophie kann, einfach ausgedrückt, als die Disziplin betrachtet werden, die all diese Dinge gemeinsam betrachtet zu einem Verständnis der Welt und unserer Rolle als Menschen darin. Und die frühen Philosophen Griechenlands waren in der Regel auch alles in einem. Mathematiker, Krieger, Politiker, Priester … man nenne nur Pythagoras, den heutige Generationen nur noch vom rechtwinkligen Dreieck her kennen, der aber eine Art Sektenführer war, oder Archimedes. Auch spätere Vertreter der technischen Entwicklung wie Galilei oder Leibnitz waren mehr Philosophen als Naturwissenschaftler und haben sich sehr wohl damit befasst, welche Zusammenhänge bestehen zwischen ihren Erkenntnissen auf technischem Gebiet und der Gesellschaft in der sie lebten.

Sie haben sehr wohl verstanden: Technik ist zwar wertfrei, nicht aber ihre Nutzung und das Mögliche ist nicht notwendigerweise erstrebenswert.

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Intelligenz und Wissen – ein Unterschied

Es sollte niemand auf die Idee kommen, zu glauben, die Menschheit sei heute intelligenter als vor 2000 Jahren. In der Tat schätzen Anthropologen, der Höhepunkt der menschlichen Intelligenz war ca. 5.000 v.u.Z. Das ist schlicht der Tatsache geschuldet, dass damals Intelligenz ganz individuell wichtig war, um zu überleben angesichts von Säbelzahntiger und fehlender Straßenbeleuchtung. Mit der Herausbildung und zunehmenden Spezialisierung sozialer Gemeinschaften wurde das anders. Wir sollten daher durchaus Respekt haben vor den intellektuellen Leistungen unserer Vorfahren. Unser Vorteil ist das Mehr an Wissen, das wir angehäuft haben, doch auch das schützt uns weder vor Dummheit noch vor Irrtum.

Denn das ist jetzt unser Problem: Gerade wegen ihrer Wertfreiheit ist die Technik oft unschuldig verliebt in die Grenzenlosigkeit ihrer Möglichkeiten. Dabei läuft sie Gefahr, die Frage nach dem Sinn aus den Augen zu verlieren. Wenn ich heute auf IT Kongressen bin, ist die am häufigsten gestellte Frage die Suche nach attraktiven Anwendungen und Geschäftsmodellen.

Der Techniker läuft, bei allem Respekt, Gefahr, zum nützlichen Idioten zu werden. Das zu verhindern, dazu dient dieses Buch.

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Teil 2: Die 4 Säulen der Philosophie

 

Die Philosophie ist ein Feld ohne Grenzen. Sie beginnt mit der Frage der Existenz und endet mit deren Anerkennung, als schlichte Notwendigkeit. Vom ganz großen bis ins ganz kleine, vom Göttlichen bis zum Profanen.

Vier große Themen zeichnen sich dabei als besonders prägend aus: die Metaphysik, die Erkenntnis, die Moral von Richtig und Falsch und die Ordnung in einer Gesellschaft.

Diese vier als Rahmen sollten genügen, um die technische Sicht auf die Welt, die eine untertänige ist, in eine freie Sicht zu heben, die ihr eigenes Urteil fällen kann.

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Metaphysik – der Aufbau der Welt

 

Von ‚Flach oder Kugel?‘ bis ‚Was war vor dem Urknall?‘

Die Fragen zur Beschaffenheit der Welt gab es, seit die Menschen denken konnten und sie werden auch nicht aufhören.

Der Aufbau der Welt hat aber einen ganz wesentlichen Einfluss auf unser Selbstverständnis, einerseits individuell, vielmehr jedoch als Gesellschaft. Ein durchschnittlich gebildeter Bürger im mittelalterlichen Lyon hatte sicher ganz andere Ideen und Wertmaßstäbe als ein Revolutionär in Russland im Oktober 1917, obwohl beide vermutlich von edelsten Motiven geleitet waren.

Die Entwicklung vom Verständnis der Welt ist es daher wert, in einem historischen Aufriss betrachtet zu werden.

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Wahrnehmung und Glaube

Diese zwei treibenden Faktoren bestimmten seit Jeher die Vorstellung vom Aufbau der Welt.

Die Wahrnehmung betraf zunächst den Verlauf der Gestirne und Planeten sowie der Jahreszeiten und das Wesen der unterscheidbaren Elemente. Die Unterscheidung in Feuer, Wasser, Luft und Erde ist beispielsweise so eine Form der Untergliederung. Dabei war die Erde nicht immer flach. Entgegen der verbreiteten Meinung war etwa auch bereits Pythagoras der Ansicht, die Erde sei eine Kugel, wie viele andere Größen der Antike auch. Allerdings kannten sie nicht die Schwerkraft und ordneten die Planetenbewegung gottgewollten Kreisbahnen zu. Die Begründung war die, dass nur die Kreisbahn eine Bewegung in einem von Materie durchdrungenen Raum erlaubt.

Die damaligen Erklärungen für die Effekte der Schwerkraft sind aus heutiger Sicht amüsant, aus damaliger durchaus bemerkenswert und ich möchte nicht wissen, über welche heutigen Überlegungen spätere Generationen herzlich lachen werden. Die Rolle der Götter hatte dabei zwei Kernfunktionen: Zum einen, das nicht verstandene erklärbar zu machen, wie etwa die Kreisbahnen der Planeten, zum anderen, das eigene Temperament zu zügeln und dem ständigen Wechselspiel von Naturgewalten, Gefahren und eigener Maßlosigkeit eine verhandelbare Form zu geben.

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3000 Jahre alte Geschichten prägen uns bis heute

Die Menschen der damaligen Zeit standen ja durchaus vor der schwierigen Frage, wieso sie sich denn von den anderen Tieren so unterschieden. Warum sie einerseits klüger waren und sie beherrschen konnten, andererseits von Zweifeln geplagt waren, von Trieben und Maßlosigkeit. Warum die Frauen ihre Kinder unter großen Schmerzen gebaren, während alle Tiere in ewigem Gleichmut ein vergleichbar paradiesisches Dasein pflegen. In dieser Zeit entstanden die Kernaussagen der Religionen, wie etwa die Schöpfungsgeschichte, die die westliche Welt bis heute prägen und die in ihrem Tiefgang ihresgleichen suchen. 

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Pragmatismus zwischen Göttern und Menschen

Das Verhältnis zu Göttern war bei aller Mystik dabei lange Zeit pragmatisch geprägt. Mit geeigneten Opfern ließ sich gut Handel mit den Götter treiben und die Grenze zwischen Menschlichem und Göttlichem war gerne fließend. Halbgötter wie Herkules gehörtem zum Personal ebenso dazu wie die Vergötterung von Tyrannen, zu denen auch Größen wie Pythagoras sich zählten.

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Plato trennt das Göttliche vom Menschlichen

Erst mit Plato kam etwas grundlegend Neues dazu: Die Götter hoben sozusagen ab, entschwebten in einen immer abstrakteren Himmel. Die Ideenleere Platos sagt: von allem, was ist, gibt es eine Idee. Das ist die reine Form, sie ist einzigartig und göttlich. Was wir sinnlich erfahren, sind nur (irdische) Abbilder dieser Idee. Damit prägt er das Bild von einer reinen, göttlichen Idealwelt, die aber für alles irdische Leben unerreichbar ist. Es gibt also die Idee einer Katze und es gibt Katzen, die herumlaufen, die aber sterblich sind und verschwinden, nur der Ideenanteil bleibt. So entstand im Weiteren die Trennung zwischen Leib und Seele.

Platos strenges Konzept hat die späteren fast 2000 Jahre geprägt, unter anderem das Christentum, das vieles von Plato übernommen hat, dieser Prozess zog sich aber einige hundert Jahre hin.

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Der Jenseitsbonus der Christen

Das kleinstaatlich geprägte antike Griechenland, wurde von den sehr viel unkultivierteren Römern abgelöst. Sie waren hervorragende Organisatoren. Metaphysisch trugen sie nicht viel bei, sondern übernahmen das Griechische. Sie führten über viele Jahrhunderte pragmatisch ihr Imperium auf hohem Niveau bis sie am eigenen Erfolg scheiterten. Die unterdrückten Germanen wurden immer gebildeter und  selbstbewusster und waren in der Mehrzahl Christen: Der Jenseitsglaube machte es leichter, Unterdrückung im Diesseits auszuhalten. Gleichzeitig wuchsen sie als Söldner zur Mehrheit im römischen Heer.

Die zunehmende Unlust der gebildeten Römer, sich mit dem Zusammenhalten der Republik zu befassen, ließ zudem das Heer immer mächtiger werden. Schließlich sah sich Kaiser Konstantin gezwungen, zum Christentum zu konvertieren, um seine Truppen hinter sich zu behalten.

Das war der Durchbruch eines christlich geprägten Abendlandes, das sich mit einer klaren Päpstlichen Autorität und streitbaren Kaisern erfolgreich 1000 Jahre hielt. Geist und Bildung der Antike zogen sich nach Byzanz zurück. Die westliche Welt unterwarf sich und war eindeutig aus dem Jenseits bestimmt. Das Diesseits war nur ein Übergang und es galt, auf Erlösung zu hoffen. Das hielt sich, bis die Wissenschaft in der Renaissance dem Mittelalter ein Jähes Ende setzte.

Auslöser war die Eroberung von Byzanz durch die Türken 1453. In Byzanz hatten sich Kultur, Literatur und Geist der Antike gehalten und eine Humanistische Bildungsschicht etabliert. Ihre Vertreter flohen mit den Dokumenten der Antike nach Norditalien und lösten dort einen Bildungsboom aus, der einen tausendjährigen Dornröschenschlaf beendete.

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Mit Gallilei erwachten Wissenschaft und Technik

Gallilei rückte die Erde aus dem Mittelpunkt, die Erde wurde endgültig zur Kugel, Amerika entdeckt und die christliche Welt, allen voran die Italienische, erwachte zu neuer Blüte, ja Hochmut. Das brachte Luther und auch andere auf und das Machtgefüge der Katholiken über das Abendland wurde schwer angeschlagen. Könige und Kaufleute kamen zu neuer Macht und in lokalen Zentren entstand ein wahrer Bildungsboom.

Stück für Stück wurde das Weltenrätsel gelöst. Wenn sich auch lange kaum ein Philosoph traute, Gottes Rolle offen anzuzweifeln, so wurde sie doch immer weiter zurückgedrängt.

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Emanzipation von Gott in der Französischen Revolution

Mit Rousseau begann die Gottlosigkeit. Man nennt die Zeit die Romantik, in der der  Mensch sich in einer maßlosen Weise seiner Freiheit und offensichtlichen Herrscherrolle über die Natur erfreut. Daraus entwuchsen zwei Linien der menschlichen Hybris: die Romantische, die sich als Allmachtsgefühl (ich bin bzw. wir sind auserwählt) über Nietzsche bis zu Hitler aufschaukelte und heute immer wieder im Autoritären Populismus hochkocht, und die rationalistische, die sich über Robespierre und Marx bis zum Stalinismus entwickelte, im Glauben, ein rational beherrschbares Staatensystem konstruieren zu können.

Gleichzeitig entwickelte sich der Liberalismus, der schließlich zu demokratischen Systemen und Kapitalismus führte.

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And the winner is: 

Ob die Welt aus dem Jenseits oder aus dem Diesseits gelenkt wird, ist immer noch umstritten. Nach einem starken Hang zum Diesseits seit der Französischen Revolution ist der Trend der Zeit heute in großen Gruppen auch wieder stark Jenseitsgeprägt.

Keine der Formen, die die Vertreter einer diesseitigen Schicksalsbestimmung erfunden haben, war zudem wirklich erfolgreich. Zwei führten zu grandiosen Katastrophen, der Liberalismus ist gerade dabei, sich selbst zu besiegen.

Das Ablehnen einer Ordnung hat zu einer Ordnung geführt, die keiner mehr zu beherrschen scheint. Die Rolle der Technik bei letzterem ist mit ein Grund, warum es gerade für Techniker wichtig ist, sich jetzt mit Philosophie zu befassen.

 

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Erkenntnis

 

Die Schöpfungsgeschichte und die Erkenntnis

Nicht umsonst ist der Biblische Sündenfall, aufgrund dessen Adam und Eva aus dem Paradies geworfen wurden, der Wunsch nach Erkenntnis. Das paradiesische Leben war frei davon, es war vielmehr ein einfaches Hinnehmen dessen, was ist. Adam hätte das wohl genügt, doch Eva wollte nicht leben wie die Tiere, sie wollte mehr.

Die Fähigkeit zur Erkenntnis hat die Menschheit in tiefste Zweifel gestürzt, zu wüstesten Utopien geführt, Arroganz und Streit ausgelöst und Unterdrückung begründet. Andererseits ist sie der Kern von Kreativität und Fortschritt, von schöpferischem Denken und Weisheit.

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Wahrnehmung der Wahrheit?

Die große Frage ist, ob Wahrgenommenes wahr ist. Oder natürlich, ob Wahrheit überhaupt existiert. Und wenn, wie sie erkannt wird. Das ist immer eine große Streitfrage gewesen.

Ein Kernproblem ist die Tatsache, dass Wahrnehmung ja immer subjektiv ist, also das Objekt der Wahrnehmung mit eingeschränkten Mitteln betrachtet.

Die Frage, ob ein Ding ein Ding ist, oder erst durch die Benennung zum Ding wird, oder gar erst durch die Betrachtung, spielt dabei eine zentrale Bedeutung. Sie scheint müßig zu sein, andererseits lehrt uns die Quantenmechanik das Gegenteil. Auf die Idee, dass ein Teilchen seinen Zustand erst durch die Beobachtung bekommt, wäre Heisenberg ohne die Denkschule der Philosophie möglicherweise gar nicht erst gekommen.

Die Philosophen der Antike haben sich in dem, was sie  Erkenntnis nannten, gerne auf die reine Theorie zurückgezogen und die sinnliche Wahrnehmung (sehen, hören, fühlen etc., auch alles messbare) stets als ungenau herabgestuft, womit sie im Prinzip recht hatten. Platos Ideenlehre verfolgte genau diesen Ansatz.

Auch Jahrtausende später sagt John Locke (1632-1704) beispielsweise: „Unser Wissen ist nur insofern ein reales, als zwischen unseren Ideen und der Realität der Dinge Übereinstimmung herrscht.“

René Descartes gibt mit „Ich denke, also bin ich“ ein Erkenntnispostulat. Die Erkenntnis des eigenen Seins begründet sich aus genau diesem. Über die Existenz der Anderen sagt es allerdings nichts aus. 

Die Erkenntnistheorie unterscheidet dabei zwischen dem „Idealismus“ und dem „Empirismus“. Man kann es ein wenig sehen wie theoretische und experimentelle Physik. Die Experimentelle erzeugt Ergebnisse, die dazugehörige physikalische Lehre entsteht aber erst aus der Theorie, wenn die Ergebnisse in formale Modelle überführt sind, die aus sich heraus stimmig sind. Ohne diesen theoretischen Unterbau ist das Experiment nichts als ein nettes Spiel.

Hier wird aber auch deutlich, dass die Wahrheit, die durch die Erkenntnis entsteht, immer abhängig ist von dem Theoriemodell, in dem sie erzeugt wird. Fällt das weg, ist auch die Wahrheit weg. Lange Zeit hat sich die Geschichte dafür mit der „Demonstrativen Erkenntnis“ beholfen: der göttlichen Wahrheit. Letztendlich ist das aber auch nichts anderes als eine nicht hinterfragte Hypothese. In der Mathematik würde man sagen, ein Axiom.

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Erkennen ist ein schöpferischer Akt

Wer einmal im Alten Testament geblättert hat, erinnert sich an die häufige Formulierung, Jemand ‚erkannte sein Weib‘. Sie meinten damit: sie erkannten, dass sie zusammen gehören und dass daraus etwas Neues entsteht. Es ist ein schönes Bild. Erkenntnis ist wie die Liebe: sie kommt aus dem Nichts und verändert alles.  

Erkenntnis unterscheidet sich nämlich grundsätzlich von „Lernen“ oder auch von „Erfahren“. Erkenntnis ist vielmehr ein rein geistiger Prozess, der das Verständnis der Welt um etwas vorher nicht Dagewesenes erweitert.

Diese Definition ist natürlich insofern heikel, als sie eine persönliche ist. Meine Erkenntnis kann jemand anderes bereits gehabt haben, für mich bleibt sie dennoch Erkenntnis. Diese Unterscheidung betrifft aber nicht die Frage der Erkenntnis an sich, sondern eher die von der Eindeutigkeit des Universums.

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Karl Marx machte Erkenntnis zu etwas Mächtigem

Die meiner Ansicht wichtigste Erkenntnis zur Erkenntnis hatte Karl Marx mit dem dialektischen Materialismus.

Bis dahin erzeugte Erkenntnis mehr oder weniger ein tieferes Verständnis der Ordnung der Welt, die aber war von Gott gegeben und unveränderlich.

Marx erklärte: Durch den Akt der Erkenntnis verändert sich die Welt. Denn die Erkenntnis führt zu einer Einflussnahme, die die Zustände verändert.

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Revolution und Verantwortung

Das war Revolution. In mehrerlei Hinsicht. Plötzlich konnten Ordnungen aufgebrochen werden, die Welt war gestaltbar und der Mensch ihr Architekt. Das Experiment des Sozialismus als völlig neue Gesellschaftsordnung nahm hier seinen Ausgang. Mit allen Folgen. Ebenso etliche weitere Experimente, die eine neue Weltordnung erzeugen wollten. 

Andererseits ist es Verantwortung. Marx dialektischer Materialismus ist es, der uns klar macht, dass wir für unser Handeln selbst verantwortlich sind. Im Sinne der Umwelt, im Sinne der sozialen Auswirkungen unseres Tuns, im Sinne der Auswirkungen auf Leib und Leben anderer.

Marx‘ Erkenntnis war ebenso mächtig wie unbequem. In doppeltem Sinn ein Problem für die die damalige Gesellschaft. Aus heutiger Sicht hatte er in dieser Frage allerdings recht.

Das ist wiederum wichtig für den Berufstand der Techniker, die gerade heute so viel Einfluss auf das Geschehen haben. Die sich andererseits aufgrund ihrer Ausbildung und Neigung meist wenig und wenn dann eher ablehnend mit dem dialektischen Materialismus befassen.

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Moral und Entscheidung: Richtig und Falsch

 

Aus der Sicht des Krokodils ist es richtig, den Menschen zu fressen. Ist es dann richtig, dass das Krokodil existiert? Wenn es nicht richtig ist, warum existiert es dann? Kann etwas Falsches existieren?

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Die Entscheidung ist die Bürde des menschlichen Lebens

Die Entscheidung zwischen Richtig und Falsch ist ein urmenschliches Dilemma. Unmittelbar nachdem sie Zugang zu Erkenntnis hatten, sahen sich Adam und Eve mit dieser Frage konfrontiert: „Und sie erkannten, dass sie nackt waren“ bedeutet: Sie erkannten, dass sie auf sich alleine gestellt sind. In allen Entscheidungen. Die Scham überkam sie und sie bedeckten sich – um den Umstand ihrer Zweifel zu verbergen.

In der Tat ist die absolute Unterscheidung zwischen Richtig und Falsch nicht möglich. Es würde auch kein Tier auf die Idee kommen, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Es würde je nach Situation handeln, getrieben von einem Motiv, das da heißt: Hunger, Überleben, Vermehren, … . Es reagiert.

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Das Naturrecht sagt: Richtig ist, was möglich ist

Das Tier handelt im Sinne der Philosophie nach dem Naturrecht. Das sagt nichts anderes, als dass es rechtens ist, wenn die einen die andern fressen, weil sie es können. Das Naturrecht gilt zwischen Tieren und zwischen Staaten. Zwischen den Staaten wird es heutzutage durch Verträge eingeschränkt. Das sind, mit den Vereinten Nationen und Einrichtungen wie dem internationalen Strafgerichtshof, allerdings erst Erscheinungen der neuesten Zeit.

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Das Tier reagiert, der Mensch agiert

Der Mensch agiert. Er handelt, er macht sich zum Herrscher über andere, zum Richter. Ab diesem Moment ändert sich die Situation schlagartig, denn er erhebt sich über das Naturrecht, erhebt Anspruch auf eine höhere Ordnung und muss in dieser Recht sprechen.

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Ethik, Moral und der gesunde Menschenverstand

Dieses Recht leitet sich also aus der Ordnung ab. Nur wer sagt, welche Ordnung gilt? Wer legt sie fest? Was ist mit Fragen, die die Ordnung nicht bedacht hat? Hier kommen Ethik und Moral ins Spiel. Schwierige Begriffe, die immer im Spanungsfeld zwischen guter Lebensführung und Macht gelitten haben.

 Lange Zeit leiteten die Menschen die Ordnung von Gott ab. „In Gottes Namen“ zu sprechen brauchte keine weitere Begründung. Der „Gesunde Menschenverstand“ rückte später an diese Stelle, nur ist auch der großzügig interpretierbar, meistens im Sinne dessen, der schneller spricht. Andere nutzen Ideologien. Sozialismus, Kapitalismus, Liberalismus. Was geschieht, wenn wir ‚den freien Kräften des Marktes‘ die Entscheidung zwischen Richtig und Falsch überlassen, können wir derzeit selbst erfahren.

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Der Kategorische Imperativ

Kant’s Satz „Jeder soll sein Verhalten danach ausrichten, dass es Grundlage der allgemeinen Rechtsprechung sein könnte“ (er hat es anders formuliert, der Volksmund nennt es: ‚‘Was du nicht willst, das man dir tu das für auch keinem andern zu‘) gilt das das moralisch hervorragendste Maß für Richtig und Falsch. Wohlwissend, dass es kein absolutes Maß gibt, verzichtete Kant einfach darauf und machte eine relative Aussage daraus. Doch auch er ist nicht unumstritten. Nietzsche, der umstrittene Wilde und, auch umstritten, Romantiker, hätte gesagt: Kant ist ein Langweiler. Und er hätte nicht ganz Unrecht. Kreativität und Innovation sind nach dem Kategorischen Imperativ eindeutig im Nachteil.

 

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Ordnung

 

Ordnung ist notwendig, wer sieht das nicht ein, abgesehen vielleicht von Kindern angesichts drohender Mütter im Kinderzimmer. Doch um was es sich dabei eigentlich handelt, ist eine ganz andere Frage.

Ordnung ist jedenfalls nichts rein Menschliches. Tiere lieben Ordnung, gerade Rudeltiere. Nur daher lassen sich Löwen und Tiger zähmen, sie ordnen sich dem Dompteur unter. Nur so lässt sich das Gefüge eines Rudels und damit seine Leistungsfähigkeit intakt halten.

Das Streben aller menschlichen Gruppen ist ebenfalls stets ein Streben nach Ordnung und die Bereitschaft, sich unterzuordnen ist fast immer höher, als die, zu rebellieren und eine neue Ordnung anzustreben. Es braucht schon einen starken Grund für einen Wechsel. In totalitären Systemen ist es der Königsmord, in Demokratien der Machtwechsel, in diffuseren Strukturen die klassische Rebellion. Die Ursache ist oft vorhersehbar, Angriff und Sieg selbst sind fast immer überraschend. Nur so lässt sich die soziale Trägheit überwinden.

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Die Ordnung ist Sache der Philosophen

Die Beschreibung einer Gesellschaftsordnung war seit jeher Sache der Philosophen. Nur sie sind in der Lage, all die  Aspekte zu berücksichtigen, die notwendig sind, um die Ordnung zu stabilisieren. Juristen, Ökonomen, Theologen, Sozialwissenschaftler, Techniker, sie alle spielen darin zwar eine Rolle, doch die Sicht jeder einzelnen Gruppe ist zu eng.

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Es gibt unendliche Formen der Ordnung

Dabei ist zunächst völlig offen, wie die Ordnung gestaltet ist. Demokratie, Tyrannis, Monarchie, Aristrokratie, Plutokratie (die Herrschaft des Geldes), Spielarten gibt es viele und die Meinungen über die beste sind geteilt.

Das alte Griechenland pendelte zwischen Demokratie und Tyrannis, wurde abgelöst durch die Makedonische Verwaltungsmonarchie Alexanders, die wiederum durch das Römische Reich, das zwischen Diktatur und Aristrokratie schwankte. Mit der katholischen Kirche begannen dann Tausend relativ stabile Jahre mit Kaiser und Papst als machtvolle Gegenspieler und Gottes Autorität als Ordnungsmacht. Die Renaissance und die anschließende Reformation beendete die Feudalherrschaft und mit der Französischen Revolution begannen die Experimente der Moderne: Demokratie, Faschismus, Sozialismus, Kapitalismus, Religiös, Laizistisch, Monarchisch, Autoritär, Liberal, probiert wird viel. Erst ab diesen Zeitpunkt begann man beispielsweise auch darüber nachzudenken, ob Sklaverei statthaft sei.

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Ordnungsformen mischen sich

Die Ordnung einer Gesellschaft zieht sich nicht unbedingt völlig durch. Eine Dörfliche Ordnung kann ganz andere Mechanismen gehorchen, als die des Staates oder der Stadt nebenan. Die Ordnung der Kirche hat nichts mit dem Staat zu tun und die Ordnung eines Unternehmens ist wieder etwas davon völlig losgelöstes.

Wer in größeren Unternehmen arbeitet erfährt auch regelmäßig, wie schnell sich diese Ordnung ändern kann. Sei es durch äußere Einflüsse oder sei es einfach, weil die alte Ordnung verstaubt. Unternehmen sind hier freier als Saaten, zumindest wenn in den Staaten die Bürger mitreden dürfen.

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Ordnung in Unternehmen ist anders als Ordnung im Staat

Der große Unterschied zwischen Unternehmen und Staat liegt in zwei Gründen:

Erstens: Unternehmen dienen einem Zweck und haben damit einen Äußeren Grund für ihre Ordnung, dem sie sich stets unterordnen können.

Zweitens: Unternehmen sind eine Gemeinschaftsform, deren Mitglieder freiwillig beitreten und freiwillig ausscheiden und die sie nicht in ihrer Existenz betreffen.

Angesichts wirtschaftlicher Abhängigkeiten ist der zweite Grund streitbar, aber Unternehmen handeln so.

Aus diesen beiden Gründen aber sind Unternehmen fast immer sehr viel autoritärer organisiert als Staaten.

Dazu gibt es immer die gelebte Ordnung, die sich mit einer offiziellen mischt. Hier kommen wieder die Muster der tierische Horde zu tragen, die sich am schönsten in einem Affenhügel wiederfinden lässt. In Staaten wie in Unternehmen finden sich auf allen Ebenen stets jene, die ihre Umgebung beherrschen wollen und jene, die sich dem Unterordnen. Daraus entsteht ein chaotisch erscheinendes Wechselspiel der individuellen Umgebungen, das sich allerdings in der Regel als erstaunlich stabil erweist.

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Ordnung braucht Rebellion

Und natürlich gibt es die Rebellen. Sie sind notwendig für eine Ordnung, denn: wird sie nicht in Frage gestellt, erstarrt sie. Das Stürzen des Affenkönigs, der Abgang des Patriarchen, die Protestpartei, die Aufstände der Jugend, all das sind notwendige Handlungen der Erneuerung. In der Demokratie sind sie ins System eingebaut durch die regelmäßigen Wahlen. Eine an sich geniale Idee. Dass der Machtwechsel dabei das rebellische verliert und Wahlen zu Scheingefechten zwischen kaum unterscheidbaren Alternativen werden, ist allerdings ein Effekt, den wir zuletzt beobachten können.

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Unfreiheit in Freien Gesellschaften, Freiheit in Diktaturen

Das Paradoxe unserer Zeit ist: die freiheitliche Gesellschaft wird als unfrei empfunden und Erlösung wird im autoritären System gesucht. Die Ursache liegt in der Verantwortung und den Entscheidungen. In der freien Gesellschaft sind alle damit befasst, Regeln zu schaffen. Für Sicherheit, Gesundheit, Effizienz, Umweltschutz, Verbraucherschutz, Investorenschutz, Minderheitenschutz, aus Prinzip oder einfach, um nicht verantwortlich zu sein. Es gibt immer einen Grund und nicht alle Gründe sind nachvollziehbar oder auch rechtschaffen. Das schafft eine Flut von  Regeln, die als chaotisch und bedrohlich empfunden wird.

Die Hoffnung gilt dann dem weisen Herrscher, der nur das regelt, was nötig ist und in einer behüteten Ordnung Freiheit schafft. Tatsächlich fühlen sich Menschen in autoritären Systemen oft freier als in demokratischen. Der Alltag ist unbeschwerter. Solange der Herrscher weise bleibt.

Wie wir damit umgehen sollen, ist derzeit ein großes Thema bei den Philosophen.

 

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Ordnung und ihre Zerstörung gehen Hand in Hand

Demokratie hat den großen Vorteil, dass man die Herrscher nach einer bestimmten Zeit auch wieder los wird. Das ist vielleicht ihr wichtigster Bestandteil. Denn während die Uridee der Demokratie das ständige streiten um die Ordnung meint, ist ihr Effekt der, dass der Kampf um die Macht zum größtmöglichen Kompromiss führt. Die Alternativlosigkeit, die die deutsche Politik der zehner Jahre geprägt hat.

Wie auf jedem Affenhügel wird aber auch in der Demokratie der Oberaffe nach einer Zeit vom Thron gestoßen. Das ist ihr Segen. Der Tyrann weiß das und wappnet sich dagegen indem er ein Netz von Abhängigkeiten spinnt, seine Freunde an wichtig Posten setzt, schwache Untergebene bevorzugt, starke eliminiert. Der Tyrann reitet regelmäßig, nur wegen der Ausweglosigkeit seiner Macht, sein Volk und sich selbst ins Verderben. Könnte er mit Anstand abtreten, wenn das Volk ihn nicht mehr braucht, würde das seine Attraktivität sicher steigern. Da ist das Problem mit der Unterwerfung in einer Ordnung.

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Teil 3: Technologie sucht Sinn

 

Der Triumph der Technik: Möglichkeit überholt Wille

Niemand wollte den ersten Weltkrieg

Den ersten Weltkrieg, der Beginn eines Jahrhunderts der menschlichen Abgründe, wollte eigentlich keiner. Noch kurz davor gingen Kaiser Wilhelm, der Zar und der englische König friedlich gemeinsam auf die Jagd. Dennoch fingen sie den Krieg an.

Weil es möglich war. Es gab neue Technologien zur Kriegsführung und jeder fürchtete, die anderen könnten sie einsetzen. Also fingen sie alle an.

Die Technologie erschütterte das politische Ordnungssystem, vermutlich ohne es zu wollen, doch mit enormer Wirkung.

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Technologie auf dem Siegeszug über die Politik

In der Philosophie waren es die Erkenntnisse Charles Darwins, die ein ganzes Weltbild erschütterten. Die immer schwerer zu widerlegende Einsicht, die Entwicklung der Arten verlaufe in einem stetigen Wandlungsprozess nach dem Gesetz der Anpassung und nicht nach einem göttlichen Plan.

Wieder war eine Bastion gegen die Theologen gefallen, die Rationalisten und Techniker bekamen weiter Oberwasser, ein Prozess, der bis heute anhält.

Heute wendet sich die Situation ins Gegenteil. Technologie erlangt Gottesstatus, ihre Unternehmenschefs laufen Gurugleich durch die Welt, erleuchtet von Weltverbesserungsplänen. Marc Zuckerbergs Weltformel, die alles menschliche Wollen und Handeln berechnet, rückt näher, Politiker, Juristen, Sozialwissenschaftler sehen hilflos zu, wie etwas über sie rollt, was sich Fortschritt nennt.

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Ist Fortschritt gut?

Nur, was bedeutet eigentlich Fortschritt? Ist es gut? Warum? Ist er einfach da, wie eine Krankheit auch?

Zunächst einmal ist es so. Er ist da. Und es lässt sich Geld damit verdienen. In einer Zeit, in der Geld für Investitionen nahezu unbegrenzt zur Verfügung steht, ist das wie ein Turbolader. Schneller, als andere denken können, verändert Technik die Welt, ausgestattet mit dem Selbstbewusstsein der Überlegenen und gläubig an die Religion des Fortschritts.

Es wird nicht gefragt, es wird gemacht. Sonst machen es andere.

Es gibt einen Spruch: „Not macht erfinderisch“. Darum geht es allerdings ganz und gar nicht. Es geht um keine Not. Es geht ausschließlich um das, was möglich ist. Es ist ein Allmachtsgefühl. Seht her, was ich kann. Ein Angeben, ein andere besiegen, wie die Götter Griechenlands, die sich lustvoll der Menschen bedienten, weil sie es konnten.

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Das Leben ist Veränderung

Tatsächlich definiert sich das Leben zuallererst durch den Begriff der Veränderung, des Wandels. Photosynthese, die Energie in Masse verwandelt, Verbrennung, die Masse in Energie verwandelt, darauf aufbauend alles organische, die Einzeller, Bakterien, Pilze, Pflanzen, Tiere … Leben ist Wandel. Ist Erreichen, Scheitern, Probieren, … und die genialste Innovation der vergangenen 3 Milliarden Jahre, da kann sich jeder Ingenieur in Bescheidenheit verstecken, ist der Sex. Ein Prinzip, das das Probieren und Verändern zutiefst verinnerlicht und in seiner gnadenlosen Triebhaftigkeit jedes andere Denken, das die Menschheit hervorgebracht hat, immer wieder überrollt hat. Das sollten wir nie vergessen.

Dabei ist der Sex in all seiner Zufälligkeit äußerst instabil.

Karl Popper beschreibt in seinem Spätwerk „Das Leben ist ein Problemlösen“ die Überlebensfähigkeit eines neuen Geschöpfes. Dabei unterscheidet er zwischen der Entstehung und der Nachhaltigkeit. Die Entstehung, die heutzutage möglicherweis im Reagenzglas stattfindet, wird alleine schon als Wunder des Lebens betrachtet. Die ist aber noch Lichtjahre entfernt von der Lebensfähigkeit. Der Notwendigkeit, Nahrung zu finden, sich vor Feinden und Widrigkeiten der Natur zu schützen, Geschlechtspartner zur Vermehrung zu finden. Sich in einer Ordnung durchzusetzen, in ständiger Konkurrenz zu anderen Lebensformen, die das gleiche Ziel verfolgen.

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Technik findet nicht mehr im geschützten Raum statt

Technische Probleme zu lösen ist etwas Wunderbares. Das Gute ist die Überschaubarkeit: Dinge lassen sich zuverlässig berechnen, es gibt Ergebnisse, sie sich messen und nachweisen lassen, Erfolg ist sichtbar und damit bewertbar. Das Tüfteln ist darüber hinaus ein lustvoller Prozess, der immer wieder Glücksgefühle auslöst. Es ist verständlich, dass Techniker ihren Beruf lieben.

Nur findet dieses Spiel des Fortschritts nicht mehr im geschützten Ram statt. Das Spielfeld ist eine Gesellschaft aus Menschen, Tieren, Pflanzen, Rohstoffen – alle mit Eigenschaften und Verhalten, die weit über das hinausgehen, was ein Mensch sich vorstellen kann.

Mark Zuckerbergs Weltformel mag zum Ziel haben, all das zu erfassen, aber wozu? Nur um allen sagen zu können „Ich kann es?“ Und dann?

Aber das ist Theorie.

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Technik verändert die Welt

Erst mit dem dialaktischen Materialismus hat die Menschheit verstanden, dass sie Verantwortung trägt. Dass er von Marx ersonnen wurde und dessen Theorien zu einer umstrittenen Ideologie geführt haben, ist dabei ein unglücklicher Umstand, wird doch daher von vielen alles, was von Marx stammt als Teufelszeug abgelehnt. Tatsächlich ist es einfacher, diese Verantwortung abzulehnen und beispielsweise einem höheren Wesen zu übertragen.

Ähnlich wie Marx dachte auch Goethe in seinem Werk „Der Zauberlehrling“. Jung und gedankenlos ersinnt der einen rasenden Mob wasserholender Besen und überschwemmt alles. Verzweifelt ruft er: „Herr, die Not ist groß, die Geister die ich rief, werd ich nicht mehr los.“

Bei Goethe ist der alte Hexenmeister noch zur Stelle und richtet das Unheil. Ein Tribut seiner Zeit: es war noch gefährlich, an der göttlichen Allmacht und Weisheit zu zweifeln, für die der Hexenmeister steht.

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Schuld ist eine Frage der Perspektive

Eine berechtigte Frage ist, ob der Zauberlehrling Schuld auf sich geladen hat. An sich kommt Schuld in der Natur nicht vor und das Naturrecht kennt nur Ereignisse, keine Schuld.

In der Schöpfungsgeschichte entsteht die Schuld gleichzeitig mit der Erkenntnis. Das bedeutet, sie steht im Zusammenhang mit einer Ordnung, die die Menschen sich geben und mit der sie sich aus dem dahintreiben des Naturrechts ablösen.

Würde jetzt ein Biologe, der ein Virus entwickelt und freisetzt, welches die ganze Menschheit ausrottet, Schuld auf sich laden? Wenn keiner mehr da ist, der mit dem Finger auf ihn zeigen kann?

Möglicherweise würde die Schuld im Jenseits zuschlagen, das können wir nicht überprüfen.

Anders sähe es aus, bliebe ein Teil der Menschheit übrig.

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Ordnung als Orientierung

In diesem Fall würde man unterscheiden, ob er Mensch aus böser Absicht, aus Leichtsinn oder aus guter Absicht gehandelt hat. Wobei Gut und Böse schon wieder Begriffe sind, die an sich nicht definierbar sind.

Menschen unterscheiden sich von den Tieren aber dadurch, dass sie sich eine Verantwortung und eine daraus abgeleitete Ordnung geben. Daher gibt es die Hoffnung, dass Gut und Böse innerhalb dieser Ordnung einigermaßen erkennbar sind.

Damit ist aber noch nicht viel gesagt.

In der Regel ist eine Ordnung nämlich weder eindeutig noch vollständig.

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Herrscher oder Sklave / Subjekt oder Objekt

In der Charta der Vereinten Nationen wurde zum ersten Mal die Menschenwürde als unverletzliches Prinzip formuliert. Die Ideengeber, indische Denker, hatten es ursprünglich noch weiter gefasst und auf alle Wesen bezogen. Das war den UN-Kommissionen dann doch zu viel und sie beschränkten es auf Menschliche Wesen.

Aus der Menschenwürde lässt sich aber bereits einiges ableiten. Es geht um die gegenseitige Anerkennung in aller Vielfalt und Unterschiedlichkeit als Subjekt. Die Menschenwürde verbietet nicht, zu töten. Sie verbietet, jemanden als Objekt zu betrachten. Als Objekt wird eine Person zum Gegenstand reduziert, der gemäß der Interessen des Betrachters genutzt wird. Als Subjekt bleibt sie eine eigenständige, handelnde Person.

Ein beliebtes Bild dazu ist das entführte Flugzeug, das auf ein gefülltes Sportstation zufliegt um es zu sprengen. Darf ein Kampfpilot das Flugzeug abschießen?

Die Menschenwürde sagt eindeutig: Nein.

Die Passagiere des Flugzeuges würden durch den Abschuss zu Objekten gemacht, die unter einem von ihnen losgelösten Interesse vernichtet würden.

Das Aufrechnen der Anzahl der Personen in Flugzeug oder Station ist dabei irrelevant. Hier verläuft eine klare Grenze zwischen Beherrschbarkeit und Schicksal und der Erhalt der Menschenwürde geht einher mit der Nicht-Beherrschbarkeit. Was wiederum naheliegend ist, denn der Mensch ist nicht beherrschbar. Andersherum wäre es vielmehr schrecklich.

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Das Dilemma der Technik ist das Beherrschen

Durch technische Lösungen gelingt es in der Regel, bestimmte Aspekte des Daseins zuverlässig zu beherrschen. Das kann ein Aufzug sein, der Menschen, Tiere und Waren transportiert, ein Fotoapparat, der ein der Wirklichkeit zu einem gegebenen Zeitpunkt aus einer bestimmten Position ähnliches Abbild erzeugt oder was auch immer.

Dabei greift Technik häufig in die Ordnung ein, die sich eine Gesellschaft gegeben hat. Das kann marginal sein, aber auch ganz fundamental.

Ein kritisches Thema ist dabei die Objektivierung oder auch Funktionalisierung von Menschen. Sie ist aus der Sicht eines bestimmten Zieles oft verführerisch vernünftig, aber sie ist ein Akt, der sie ihrer Würde beraubt.

Ein Beispiel sind automatisierte Verkehrskontrollen. Darf ich durch Automaten Geschwindigkeitsüberschreitungen verfolgen und ahnden? Oder ist der Delinquent dabei seiner Würde beraubt?

Würdig wäre es, den Verkehrssünder ehrlich zu jagen und zu stellen. Absolut unwürdig ist, solche Automaten einzusetzen, um Geld zu verdienen. Die Gesetzeslage schreibt vor, dass die automatischen Kontrollen nur an sicherheitskritischen Stellen erfolgen dürfen. Die Praxis ist oft anders und die öffentliche Meinung ist dabei auch sehr vielseitig, oft ohne zu bedenken, wie grundsätzlich diese Frage tatsächlich ist.

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Vernetzung und Überwachung

Als vor einigen Jahren das Internet der Dinge anfing, in das Zentrum des geschäftlichen Interesses zu rücken, ging naturgemäß sofort die Diskussion über geeignete Anwendungen los. Eines der ersten Beispiele war die überwachende Zahnbürste, die Eltern verrät, ob die Kinder ihre Pflicht erfüllen. Ein weiteres Beispiel war die individuelle Raumgestaltung mit Licht, Bildern und Musik mithilfe einer Personenerkennung und einer Interpretation von deren Vorlieben. Dazu gesellte sich die Überwachung des Fahrverhaltens durch Versicherungen. In einem Ideenwettbewerb reichte ich selbst einen Klofinder ein, eine Anwendung die öffentliche Toiletten anzeigt und ihren Sauberkeitszustand überwacht. Diese Idee wurde damals als abartig eingestuft und sehr schlecht bewertet. 

Abgesehen vom Klofinder sind alle Beispiele entwürdigend.

Die petzende Zahnbürste ist das grausamste: Sie stuft die Kinder als Funktionsobjekte ein, nimmt ihnen die Verantwortung sowie den damit verbundenen freien Willen und untergräbt das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern. Sie passt damit eher zur landwirtschaftlichen Viehhaltung. Für die kindliche Entwicklung ist das in hohem Maße bedenklich.

Der individuelle Raumgestalter erzeugt eine Art Persönlichkeitsblase, vergleichbar mit dem Ruhigstellen mit Drogen. Er ist reaktiv, da er auf vorher erfasste Werte zurückgreift und nimmt dem Menschen damit die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Die Auswirkungen ähnlicher  Ideen sind derzeit im Abgleiten der sozialen Netzwerke in wirklichkeitsferne Wahrnehmungswelten zu beobachten.

Ähnlich bedenklich wie die Zahnbürste ist die Fahrüberwachung. Wie ein ständig strafender Herrscher greift sie lenkend in die Persönlichkeit ein und untergräbt das Üben des Unterscheidens zwischen Richtig und Falsch. Der Mensch wird zum Funktionsobjekt und die Regeln der Funktion liegen in den Interessen der Versicherung.

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Die Fragen von heute sind nicht neu

Der perfekte Staat Platos

Die Ideen, den Menschen durch Kontrolle in seiner Funktion zu perfektionieren hatte auch schon Plato, der einflussreichste Philosoph der Antike, dessen Schule Jahrtausende geprägt hat. Platos Vorstellung vom idealen Staat basierte auf dem Konzept des weisen Diktators. Der Gütige, aber konsequent durchregierende Herrscher, der das Maß von Richtig und Falsch verkörpert und den Menschen vorschreibt.

Platos Idee zog sich genauso durch die Gottesvorstellung der späteren Religionen wie auch des Christentums, wie durch die Ideen der Rationalisten. Tatsächlich war das Platonische Konzept, das beispielsweise in Sparta weitgehend umgesetzt wurde, nahe am sozialistischen Ideal eines völlig gerechten, durchorganisierten Gesellschaftskonzeptes. Auch heute ist das platonische Denken beliebt, pikanterweise als Pflichtlektüre für Investmentbanker und Unternehmensführer. Menschen, die ein, in ihrem Sinne,  perfekt organisiertes System suchen.

Dennoch ist die geschlossene Denkwelt Platos erschütternd. Er stellt das ideale System über den Einzelnen, der in diesem System wiederum nur noch Objekt ist und zu funktionieren hat. Es ist ein technokratisches Denkmodell und damit kommen wir zu den Grenzen der Technik.

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Offene und geschlossene Systeme

Das technische Denken spielt sich immer im geschlossenen System ab. Das ist dabei nicht wertend, sondern das liegt in der Natur der Technik.

Technisches Denken besteht aus den Bausteinen: Problem erkennen, Problem abgrenzen, Problem modellieren, Problem lösen.

Ein sehr erfolgreiches Prinzip.

Zwei Begriffe stechen dabei heraus:

Erstens das Problem: Der Techniker sucht sich zunächst ein Problem. Etwas konkretes, das lösbar sein könnte. Ohne ein Problem müsste er zunächst zu einem schöpferischen Prozess greifen und eines erfinden. Damit wären wir aber bei Erfinder, das ist von der Natur her etwas anderes.

Zweitens die Abgrenzung: Das ist das Entscheidende. Erst durch die Abgrenzung wird ein Problem technisch lösbar. Es kann in Bausteine, Faktoren, Funktionen zerlegt werden, die für sich und gemeinsam messbar, bewertbar und modellierbar werden. Dann lässt sich eine Lösung konstruieren, die für sich steht und das Problem löst.

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Problemlösung in geschlossenen Systemen macht glücklich

Das Ganze ist, wie gesagt, ein sehr befriedigender Prozess, da gerade der geschlossene Raum eine völlige Beherrschbarkeit möglich macht. Das geht so weit, dass innerhalb des Problemraumes Allmachtsgefühle entstehen, die den großen Gefühlen, wie etwa in der Sexualität, in nichts nachstehen.

Der Erfolg findet dabei im Kopf statt. Das Beherrschen des Systems bestärkt den Glauben an sich selbst. Besonders ausgeprägt ist dieser Effekt bei Programmierern. Das liegt daran, dass der Prozess des Programmierens im Wesentlichen im Kopf stattfindet, die Ergebnisse andererseits deutlich stärker mit der Umwelt interagieren als vom Programmierer erahnt.

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Interaktion einer Problemlösung mit der Umwelt 

Sobald ein technisches Ergebnis fertig ist, tritt es mit der Umwelt in Berührung. Je klarer der Einsatz von vorneherein definiert ist, desto unspektakulärer ist das. So wird ein Kugellager allenfalls für seine Qualität gelobt, ansonsten tut es still seinen Dienst. Ein komplexeres Gebilde, wie etwa eine Ampelsteuerung, erzeugt bereits sehr viel mehr Reibungspunkte. Es wird mit ziemlich großer Sicherheit der Moment kommen, an dem die Menschen feststellen: die Steuerung nervt. Weil sie Dinge nicht berücksichtigt, die für Menschen offensichtlich sind, weil sie zu Risikoscheu ist oder zu Risikofreudig bei der Länge der „alles Rot“ Phasen, weil sie nachts eingeschaltet ist, wenn eh nichts los ist.

Hier trifft eine geschlossene Lösung auf ein offenes System.

Der aufgeweckte Techniker würde sagen: alles kein Problem: wir messen die Umgebung und machen das System variabel.

Doch auch das ist nur ein verschieben der Grenze, keine Öffnung. Auch die Messung erfolgt nach festgelegen Werten. Die Anzahl der Sensoren ist endlich, ihr Messspektrum erfasst eine begrenzte Meng von Einflüssen, im Zweifel wird es schlimmer als vorher, weil die Sensoren das Falsche messen.

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Messbarkeit – eine trügerische Sicherheit

Die Idee, durch Messen der Wahrheit näher zu kommen, ist verführerisch, doch gefährlich. Denn das Messen ist selbst ein trügerischer Akt, da er den größten Teil der Wirklichkeit ausblendet.

Ein Rationalist würde sagen: „Alles was messbar ist, existiert.“ Und dann auch noch allzu gerne ableiten: „Was nicht messbar ist, existiert nicht.“

Dem lässt sich als These entgegenhalten: „Alles was denkbar ist, existiert.“

In diesen beiden Thesen zeigt sich sehr schön die Bandbreite des Begriffes der Existenz.

Haben die Elementarteilchen bereits existiert, bevor sie gemessen wurden? Sie mussten jedenfalls erst gedacht werden, bevor sie gemessen wurden, sonst wären sie niemals gemessen worden.

Ein anderes interessantes Beispiel ist die Frage nach der Existenz der Zahlen. Ohne sie zu denken, kann ich nicht Messen, ob es sie gibt, da ich sie brauche um sie zu messen.

Es ist also vielmehr andersherum: Dass Messen ist weder Wahrheit noch Erkenntnis, sondern ein Akt zur Unterstützung einer Theorie.

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Messen bestätigt nicht Wahrheit, sondern widerlegt sie

Karl Popper lehrt in seiner Wissenschaftstheorie, dass jede Theorie widerlegbar sein muss. Das bedeutet, es muss die Möglichkeit geben, mittels Fakten, was häufig messbare Fakten sind, einen Widerspruch zu finden. Eine Theorie, die das nicht hat, also durch positive Aussagen widerspruchsfrei ist, ist ein in sich geschlossenes System, das keine Relevanz besitzt.

Als Newton auf den Baum stieg, um einen Apfel fallen zu lassen, glaubte die Welt noch, der Apfel fiele zu Boden, weil die Erde das Zentrum der Schöpfung ist und Gott es so will. Heute glauben die Menschheit an die Schwerkraft, eine Theorie, die sich durch jede Menge Messungen bestätigt hat. Dennoch hat sie immer noch keine Ahnung, woher diese Schwerkraft kommt, wie sie wirkt und warum.

Zu beiden Zeiten, vor und nach Newton, hatten die Menschen aber eine solide Vorstellung davon, auf deren Basis sie das tägliche Leben organisiert hat. In beiden Fällen galt: Sie hatten sich eine Vorstellung von der Wirklichkeit gemacht, eine Theorie, und durch Messungen so weit geprüft, dass die Theorie den messbaren Ergebnissen standhielt.

Erst als Gallilei mit dem Fernrohr kam, kam die alte Theorie ins Wanken: trotz aller vorherigen Messungen war sie falsch.

Daraus leitet sich eine wichtige Aussage zum Messen ab: Messungen sagen niemals, dass etwas richtig IST, sie sagen immer nur, dass etwas richtig sein KANN.

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Noch einmal offene und geschlossene Systeme

Es liegt nahe, dass die Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Systemen von Bedeutung ist. Tatsächlich ist sie sogar fundamental und ein Kernthema der Philosophie und ihrer vielfältigen Positionen in der Geschichte.

Eine Kernaussage zu offenen und geschlossenen Systemen ist der Gödelsche Satz. Der Österreicher Gödel war Mathematiker und um 1910 Mitglied des berühmten ‚Wiener Kreises‘. Später lebte und lehrte der vermutlich herausragendste Logiker des zwanzigsten Jahrhunderts in Princeton, USA. Als Kind wurde er von seinen Mitschülern „Der Herr Warum“ genannt. Sein Leben war das eines Genies: gezeichnet von Exzentrik und auch Wahn. Er starb an Unterernährung, weil er glaubte, alles Essen sei vergiftet. Mit seinen Unvollständigkeitssätzen hat er jedoch die Mathematik in ähnlicher Weise revolutioniert wie Heisenberg die Physik mit der Quantentheorie.

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Die Gödelschen Unvollständigkeitssätze

Gödel lebte in einer Zeit extremer Gläubigkeit an die Macht der Wissenschaft. Er war umgeben von Denkern, die überzeugt waren, die Welt ließe sich vollständig durchkonstruieren. Er zeigte ihnen allen: das klappt nie und nimmer. Dazu bedient er sich formaler Systeme.

Der Erste Unvollständigkeitssatz sagt sinngemäß: Innerhalb eines formalen Systems, das sowohl widerspruchsfrei als auch einigermaßen komplex ist, können solche Sätze formuliert werden, die sich mit den Mitteln des Systems weder beweisen noch widerlegen lassen.

Der zweite sagt: Es gibt widerspruchsfreie formale Systeme, die ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht selbst beweisen können.

Bildhaft gesprochen sagen die Sätze: Gott kann keinen Berg bauen, über den er nicht springen kann. Oder

der Satz „Alle Kreter Lügen“ ausgesprochen vom Kreter Epimednies, kann weder fasch noch wahr sein. 

Das bedeutet aber vor allem: kein Formales System ist in der Lage, die Wirklichkeit zu beschreiben. Die Mathematik ist nicht in der Lage, die Welt zu beschreiben.

Und die Mathematik ist nun mal, bei allem Widerstreben, welches ein Mathematiker bei dieser Aussage fühlt, die Sprache der Technik.

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Die Bedeutung der Unvollständigkeitssätze zeigt die nicht Beherrschbarkeit offener Systeme

Gödel selbst schrieb seine Sätze für formale Systeme, also Systeme, die sich in einer formalen Sprache ausdrücken lassen. Er unterscheidet nicht zwischen offen und geschlossen.

Wendet man die Sätze auf geschlossene Systeme an, kommt heraus, dass diese in sich sinnfrei sind und von einem äußeren Sinn abhängen. Das erschließt sich leicht wenn man etwa an eine Maschine denkt, die für sich nutzlos ist, im Bezug zu einer Anwendung jedoch möglicherweise sehr nützlich.

Für offene Systeme heißt es, sie sind technisch unbeherrschbar. Denn ohne eine abgeschlossene Logik ist die Unendlichkeit eines offenen Systems formal nicht erfassbar.

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Die Sache mit der Optimierung

Das Wort Optimierung kommt aus dem Lateinischen und meint das Bestmögliche. Und im Wort selbst liegt bereits die Tragik des Begriffs.

Denn das bestmögliche lässt sich nicht mehr verbessern.

Das ist fatal. 

In der Evolution ist es eigentlich immer so, dass das optimale scheitert. Millionen Arten, über Generationen optimal angepasst, sind ausgestorben, weil sich die Bedingungen geändert haben. Saurier, Mammut, Säbelzahntiger, um nur einige zu nennen. Die Überlegenheit des Menschen liegt weniger in seiner Optimierung als in seiner Anpassungsfähigkeit.

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Optimierung birgt große Gefahren

Damit erklärt sich bereits das Dilemma der Optimierung.

Optierung benötigt  immer einen Bezug. Eine begrenzte Anzahl einflussgebender Faktoren sowie ein Ziel. Ändert sich auch nur eine dieser Größen, bricht die Optimierung in sich zusammen.

Gut sichtbar wird das Dilemma  am derzeitigen Scheideweg der Autoindustrie. Entwicklung und Produktion von Autos sind heute extrem optimiert und erzeugen eine erstaunliche Qualität zu einem vergleichsweise extrem günstigen Preis. Wer beispielsweise vergleicht, was ein Kilo Auto im Vergleich zu einem Kilo Fahrrad kostet, erkennt schnell, wie billig Autos sind.

Im hochoptimierten Modus ist es allerdings extrem schwierig, auf die heute sichtbaren, völlig neuen Mobilitätskonzepte einzugehen. Das birgt eine enorme Gefahr. Keiner weiß, wann und wie schnell sich komplett neue Fahrzeugarten durchsetzen werden. Doch bis dahin muss mit dem bisherigen Modell Geld verdient werden, und zwar hocheffizient, sonst strafen die Investoren die Unternehmen. Auto Unternehmer können derzeit eigentlich nur Fehler machen. Entweder sie werden gestraft, dass sie nicht effizient genug sind oder dass sie nicht innovativ genug sind.

Das zeigt das zweite Dilemma der Optimierung: die Kriterien. Was gut und was schlecht ist, steht niemals wirklich fest.

Ein Dilemma das die Tore für Neueinsteiger weit öffnet. Nicht umsonst ist die Industrie nervös wie noch nie angesichts der ungewissen Zukunft.

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Auch in offenen Systemen gibt es Grenzen

Umgang mit Risiko – warum autonomes Fahren nicht geht

Die Quantenphysik lehrt, dass kein Zustand sicher ist und sich Zustände erst durch ihre Betrachtung ergeben können.

Gleichzeitig lehrt der Gödelsche Satz, dass kein System in sich beherrschbar ist.

Das bedeutet, ich muss in jedem System immer mit unerwarteten Ereignissen rechnen. Und um die Stabilität eines Systems zu erhalten muss ich in der Lage sein, zu entscheiden, wie ich mit diesen Ereignissen umgehe.

Dass dennoch komplexe Systeme, wie etwa der Verkehr, ziemlich gut funktionieren, liegt an einer eingebauten Risikotoleranz. Jeder Verkehrsteilnehmer trägt sein Risiko und ist in der Lage, in unklaren Situationen eine Entscheidung zu fällen. Dass es dabei zu Unfällen kommen kann, ist Teil des Risikos, das jeder eigenverantwortlich trägt.

Dieses Risikoverhalten hat unmittelbar Einfluss auf die technische Beherrschbarkeit aktueller Ideen. Allen voran die Idee des sogenannten autonomen Fahrens, wobei der Begriff irreführend ist, besser ist ‚automatisiertes Fahren‘.

Hier soll eine Systemkomplexität beherrscht werden, die weit jenseits jeder bisher gekannten Risikotoleranz liegt und die voller Widersprüche steckt.

Das Nebeneinanderlegen unterschiedlicher Denkmodelle zum Thema verdeutlicht die Widersprüchlichkeit:

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Denkmodell 1: Optimierung

Um funktionsfähig zu sein, muss ein autonomes Fahrmodell Widerspruchsfrei sein. Das bedeutet, es muss darauf hin optimiert werden. Alle Aspekte, die zu irgendeiner Art der Entscheidungsfindung im Fahrbetrieb beitragen müssen dazu bewertbar und vergleichbar sein. Die dazugehörigen Entscheidungen müssen jeweils augenblicklich gefällt werden können.

Denkmodell 2: Gefahrenvermeidung

Da Sicherheit oberste Priorität hat, gilt die absolute Risikovermeidung. Das bedeutet, die Folge: Gefahr sicher erkennen, Risiko mit Sicherheit ausschließen, handeln. Muss zu jedem Zeitpunkt erfüllt sein. Das Konzept „Es wird schon gutgehen“, das heute jede  Entscheidung eines Fahrers begleitet und auf dessen Erfahrung setzt, hat keine Gültigkeit mehr.

Das bedeutet: Sieht ein autonomes Fahrzeug ein Kind am Straßenrand, oder einen Hund oder eine Katze, muss es damit rechnen, dass es auf die Straße rennt und sich entsprechend risikovermeidend verhalten. Das gleiche gilt für ein als Katze verkleidetes Kind. Das bedeutet: im öffentlichen Raum darf allenfalls Schrittgeschwindigkeit gefahren werden.

Denkmodell 3: Systemdynamik

Die Systemteilnehmer entwickeln sich weiter und entwickeln Eigenschaften, die mit anderen Systemteilnehmern nicht unbedingt kompatibel sind.

Das Gesamtsystem Verkehr ist in mehrerlei Hinsicht dynamisch: der Kontext ändert sich ständig, allein schon durch das Wetter aber auch durch Milliarden anderer Einflüsse und muss aktualisiert werden.

Die Steuerungssysteme lernen dabei, das Gesamtsystem basiert auf dem Konzept der „lernenden Maschine“, das beliebig große Wissensdatenbanken für Entscheidungen anlegt. Diese haben die Natur, dass sie zwar schnelle Entscheidungen fällen können, ihre Grundlage aber niemals nachvollziehbar ist, da sich die Bedingungen andauernd ändern.  

Gerade der letzte Punkt steht im Widerspruch zum Thema Risikovermeidung. Die fehlende Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen führt zum rechtsfreien Raum. In diesem rechtsfreien Raum kann beliebiges geschehen, von der Schlamperei über den gezielten Betrug bis zur Sabotage, ohne das es erkennbar wird.

Denkmodell 4: Wahrnehmungswelten

Das Kind am Straßenrand lernt, dass das Auto bremsen muss, wenn es auf die Straße läuft. Wieso sollte das Kind dann noch Rücksicht auf das Auto nehmen? Es kann gefahrlos jederzeit die Straße überqueren. Wie soll hier eine Grenze gezogen werden? Man müsste eine Mauer bauen, damit wäre das offene System aber wieder abgeschlossen und könnte, vergleichbar mit einer Eisenbahn, mit viel einfacherer Technologie beherrscht werden.

Denkmodell 5: Ökonomie

Um Geld zu verdienen und sich im Wettbewerb abzugrenzen müssen Hersteller immer wieder neue, innovative Ideen bringen. Gerade wenn es um gehobene Preissegmente geht. Das führt automatisch zu einem Verhalten, welches jede Art der Regulierung stets so großzügig wie möglich auslegt und gleichzeitig unregulierte Bereiche sucht, um sich abzugrenzen. Das zuletzt gezeigte Herstellerverhalten im Zusammenhang mit Verbrauchs- und Abgaswerten steht bildhaft dafür.

Anders gesagt: das gezielte Regelbrechen ist Teil jeder lebendigen wirtschaftlichen Entwicklung. In einem notwendigerweise komplett durchgeregelten System ergeben sich so zwangsläufig Konflikte, die sich zu allererst im Graubereich des Umgangs mit Risiken abspielen werden – und damit die Widersprüchlichkeit des Gesamtkonzeptes belegen.

 

Es gibt noch weitere Denkrichtungen, die es wert sind, in diesem Zusammenhang beleuchtet zu werden, etwa die juristische und die Auslegung von Recht durch Richter, Anwälte, Entwickler, Werber oder Betreiber. Insgesamt ist das Beispiel gut geeignet, den Konflikt zwischen Technik und Gesellschaft, der sich nur philosophisch lösen lässt, zu erfassen.

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Kann Big Data die Welt verbessern?

Eric Schmidt, Chef der Google Mutter Alphabet meinte Anfang 2017 in einem Interview: „Das Internet ist das erste Ding, das die Menschheit sich gebaut hat, das sie aber nicht versteht. Das größte anarchistische Experiment der Geschichte“. (Spiegel 1/17)

Die Erkenntnis ehrt Herrn Schmidt, ist aber falsch und damit ein Warnsignal. Wahrscheinlicher ist, dass er seine Rolle in der Geschichte völlig falsch einschätzt und altbekannte Fehler bereitwillig widerholt. Die Geschichte ist voll von Beispielen der Hybris und des Scheiterns. Der Turmbau zu Babel in der Bibel, das autoritäre Kontrollsystem in Sparta, der Gotteswahn des Mittelalters mit Inquisition und Hexenverbrennung, die unterschiedlichen sozialistischen Experimente, allen voran in Kambodia unter PolPot, die Kernkraft und als ein besonders interessantes Beispiel: die Alchemisten.

Die Alchemisten entstanden aus der ersten Erfolgswelle der Naturwissenschaften, besonders der Chemie. Nichts schien unmöglich, also auch nicht die Idee, Gold herzustellen. Wer das könne, würde unermesslich reich werden.

Blind vor Gier und ohne zu erkennen dass, hätten die Alchemisten Erfolg gehabt, das Gold sofort seinen Wert eingebüßt hätte, es wäre ja in beliebiger Menge verfügbar,  wurden enorme Vermögen investiert. Wunderdinge wurden hineininterpretiert, vom Stein der Weisen bis zum Homunculus, den Alchemisten wurden besondere Fähigkeiten zugesprochen und gelegentlich konnten sie auch Nischenerfolge in der Pharmazie und Chemie vorweisen. Doch der erhoffte große Durchbruch trat niemals ein, was im Nachhinein auch niemanden wundern wird.

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Daten sind das neue Öl?

Wer heute über Big Data nachdenkt, sollte sich diese Beispiele vor Augen halten. Der Satz „Daten sind das neue Öl“ ist mit Vorsicht zu genießen. Obwohl er auch Wahres birgt.

Die Ähnlichkeit ist:

Der Wert verfällt mit der Menge, das gilt gleichermaßen für Öl wie für Daten.

Öl ist ein Verbrauchsgut. In grauer Vorzeit wurde Mittels Photosynthese aus Energie Masse erzeugt die wurde über Jahrmillionen verdichtet und nun ausgebeutet. Daten entstehen jederzeit neu. Ihre Nutzung ist allerding vergleichbar zum Entstehen des Öls aus der Photosynthese: Die Anwendung ist der Verbrauch kondensierter Information.

Der Unterschied ist: Öl ist ein Energieträger, der sich unmittelbar ausbeuten lässt und damit ein Wert für sich. Das sind Daten nicht. Daten haben nur Wert, wenn ich diesen im Kontext der Datenentstehung ausbeuten kann. Das kann einerseits ein technischer Prozess sein, wie etwa Wissen über die Haltbarkeit eines Maschinenteils, oder ein ökonomischer Vorteil, wie etwa die ideale Szenenfolge für einen Kinofilm.

 

So wie Öl keine regenerative Energiequelle ist, sind Daten nicht kreativ. Ich gewinne keine neue Erkenntnis aus Daten, sondern allenfalls Verständnis gegebener Zusammenhänge.

Big Data ist damit eine Anwendung der Optimierung. Das ist wichtig zu verstehen. Big Data kann Antworten liefern, aber keine Fragen.

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Grenzen von Big Data

Die Grenzen von Big Data liegen im Bereich der Kreativität. Im in Frage stellen, im Zweifeln, im Schöpfen im unendlichen Raum der Ideen. Das steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Erkenntnismodellen der Philosophie. Konkret bei Big Data in dreierlei Hinsicht:

Im konstruktiven Sinn: Der Mensch liebt das unerwartete, authentische, lebendige. Er misstraut andererseits dem undurchschaubaren System, das ihn beherrscht. Populisten setzen auf diese Eigenschaft nicht zu Unrecht, sie kommt an. Das bedeutet, der kreative Raum ist immer offen und möglicherweise öffnet er sich umso mehr, wenn optimierte Geschäftsmodelle die Menschheit überrollen.

Im destruktiven Sinn: aus den gleichen Gründen wie im Konstruktiven, angereichert durch den Wettbewerb, ist es naheliegend, Daten zu manipulieren. Durch Geheimdienste, durch Wettbewerber, durch gezielte Fälscher, als eigenständiges Geschäftsmodell. Wie schön ist doch die Idee, sich durch gefälschte Verkehrsinformationen freie Fahrt zum Flughafen zu erkaufen. Angesichts der fehlenden Nachvollziehbarkeit von Big Data einerseits, der Geschäftsinteressen von Anbietern und des Erfindungsgeistes der Menschen ist das nicht von der Hand zu weisen. 

Im irrtümlichen Sinn: Es muss nicht sein, dass die Masse Recht hat. Sie kann sich ebenso gut in den Abgrund bewegen. Beispielhaft ist das derzeit sichtbar im abdriften sozialer Medien in den rechtsradikalen Bereich. Die automatische Ausfilterung von Information anhand der errechneten Interessen der Teilnehmer erzeugt den Effekt einer wirren Meinungsblase ohne sozialen Ausgleich.

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Moralisches Outsourcing

Immer wieder geht es um das Entscheiden zwischen Richtig und Falsch und die Versuchung, dafür Mechanismen zu finden, ist seit Jahrtausenden groß. In der Antike wurden Orakel befragt, Auguren betrieben ihr Geschäft damit, Antworten aus dem Flug der Vögel zu lesen, viele Jahrhunderte wurde ein System bis in die Spitze getrieben, dies Gott machen zu lassen. Mit der Ablösung der Götter in der Industrialisierung entstand eine erste Hybris der menschlichen Allmacht, die in unmenschlichen Systemen endete. In den siebziger Jahren des 20en Jahrhunderts war vielleicht der Höhepunkt der menschlichen Bereitschaft, die moralische Verantwortung als Gesellschaft zu tragen. Auch das führte zu schweren Konflikten, in Deutschland zum linken Terrorismus der RAF.

Seitdem wachsen die Bemühungen, Entscheidungen Systemen zu überlassen. Der Mauerfall brachte den letzten Schub für den neoliberalen Kapitalismus, der die Marktgesetze als oberste Instanz sieht, das aufkommende Internet, die Globalisierung und der Siegeszug der Digitaltechnologie und eine immer detailliertere Wissenschaft beschleunigten das faktengetriebene, berechenbare Weltbild.

Es ist schwer, den Fakten zu widersprechen. Dem Markt, der Wissenschaft, dem Erfolg.

So entstanden Turbokapitalismus, Hochgeschwindigkeits Börsenhandel, Gentechnologie, Globale Überwachung und Drohnen als ferngesteuerte Tötungsautomaten.

Dann schlug das Pendel zurück. Migrationswelle, Islamismus, Populismus. Diejenigen, die nicht zu den Gewinnern des technisch kapitalistischen Prinzips gehören, laufen los. Ungeordnet, mit zweifelhaften Führern, emotional, ohne Angst vor Verlust, denn sie haben ja nichts.

Richtig und Falsch ist immer eine Frage der Perspektive.

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Teil 4: Mechanismen und Möglichkeiten

 

Einstieg von außen

Noch einmal das Universum

Um die Perspektive zurecht zu rücken, lohnt es sich, die Welt zunächst einmal von ganz weit außen zu betrachten.

Die erste große Frage der Philosophie ist die nach der Metaphysik, nach dem Aufbau der Welt.

Nachdem die Menschen Himmel und Erde den Göttern entrissen haben stehen sie alleine da mit der Aufgabe, das Universum zu füllen. Und schon wird es schwierig.

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Das Universum ist größer als wir erfassen können

Das messbare Universum ist jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht alles. Alleine die Berechnungen der sichtbaren Masse und ihres Verhaltens im All weisen große Widerspräche auf: nach dem dynamischen Verhalten zu schließen, muss mindestens die doppelte Masse an Materie vorhanden ein, sonst würden die Galaxien auseinanderfallen. Die Suche nach dunkler Materie oder nach Antimaterie ist eines der großen physikalischen Themen unserer Zeit.

Doch damit ist auch noch nicht viel beantwortet. Das nächste große Rätsel ist die Zeit. Wir können sie zwar messen, aber immer nur im Augenblick. Wir wissen nicht, ob das Vergangene existiert oder das Zukünftige. Oder ob das Seiende mit dem Zeitverlauf verschwindet und das Zukünftige jeden Moment neu entsteht. Wir wissen inzwischen, dass Zeit und Raum voneinander abhängen, dass der Raum bezüglich der Zeit gekrümmt ist, aber mehr wissen wir nicht.

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Warum nur 3 Dimensionen?

Gab es vor dem Urknall Zeit? Endet die Zeit?

Ist die Zeit eine Dimension, entlang der wir gleiten, ohne bremsen oder beschleunigen zu können? Ist sie etwas ganz anderes?

Das führt zur nächsten Frage: wir können drei Dimensionen erkennen: Breite, Höhe, Tiefe. Ist das alles?

In der Mathematik können wir problemlos mehr Dimensionen beschreiben, darin Berechnungen anstellen. Hier taucht wieder die Frage der Erkenntnis auf: Existiert alles Messbare oder existiert alles Denkbare?

Aus mathematischer Sicht ist es nahezu völlig unwahrscheinlich, dass jenseits der drei von uns erkennbaren Dimensionen keine weitere existiert. Die Physik  geht beispielsweise in der String Theorie von neun Dimensionen aus, die notwendig sind, um die Gleichungen der Astrophysik aufgehen zu lassen. Dimensionen, die winzige Verschiebungen zulassen, sozusagen ein Zittern der kleinsten Teilchen. Freiheitsgrade, die das nicht erklärbare beantworten würden.

Für die Mathematik ist eigentlich völlig klar: es muss unendlich viele Dimensionen geben. Alles andere macht keinen Sinn.

Das würde bedeuten, unsere wahrnehmbare Welt ist eingebettet in eine viel umfänglichere Welt, in der Dinge geschehen, die uns vielleicht sogar betreffen, die wir aber nicht wahrnehmen.

Damit ließe sich vieles erklären: Wunder, Götter, Geister, Hellseherei, Leben nach dem Tod und vor der Geburt. Ein gewaltiger Raum der Hoffnung mit dem einzigen Problem, dass wir uns darin zwar alles vorstellen können, aber nichts nachweisen.

Dennoch lohnt es sich, einige praktische Fragen in diesem Zusammenhang zu diskutieren.

Zunächst einmal ein kurzer Ausflug in den mathematischen Begriff der Unendlichkeit. Es ist nämlich nicht so, dass es nur eine Unendlichkeit gibt, sondern es gibt unendlich viele unterschiedlich große Unendlichkeiten.

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Mathematische Reise in die Unendlichkeit

Zwei Unendlichkeiten werden als gleich groß (oder gleich mächtig) bezeichnet, wenn sich jeweils jedes Element der einen eindeutig auf ein bestimmtes Element der anderen abbilden lässt.

Bekanntlich ist die Zahlenfolge 1,2,3,4,5 …, wenn man nicht aufhört weiter zu zählen, unendlich groß.

Georg Cantor hat mit dem sogenannten Abzählverfahren bewiesen, dass die Menge der Brüche gleich groß ist, wie die Menge der ganzen Zahlen.

Dazu hat der die Zahlen in einem zweidimensionalen Feld angeordnet, eine Matrix. Jeder Bruch entspricht einem Feld der Matrix. Der Bruch „drei siebtel“ beispielsweise entspricht dabei der dritten Spalte in der siebten Zeile.

Nun zählt er diagonal durch: er fängt links oben bei (1/1) an (erster Bruch). Dann folgt als zweiter und dritter Bruch die Diagonale (2/1),(1/2), als nächste die Diagonale (3/1),(2/2),(1/3)  - vierter bis fünfter(!) Bruch.

So zählt er, Diagonale für Diagonale das Feld durch und kann damit jedem Bruch genau eine ganze Zahl zuordnen.

Dem aufmerksamen Leser ist bestimmt aufgefallen, dass er manche Brüche doppelt zählt: (1/1), als Bruch ein Eintel, hat den gleichen Wert wie (2/2), zwei Halbe. Die beiden Brüche sind redundant. Doch das ist beim Abzählverfahren kein Problem, redundante Brüche überspringt er im Verfahren einfach, damit ist die Eindeutigkeit wieder hergestellt.

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Und noch eine andere Unendlichkeit

Nun gibt es einen weiteren Beweis, der zeigt, dass die Wurzel aus Zwei kein Bruch ist. Haben wir das bewiesen, wissen wir, dass die Wurzel aus zwei zu einer Menge gehört die um mindestens ein Element größer ist, als die abzählbare Unendlichkeit der natürlichen Zahlen. Und damit auch, dass es unterschiedlich große Unendlichkeiten gibt.

Dieser Beweis geht nach dem Widerspruchsverfahren. Ihn nachzuvollziehen erfordert ein wenig Muße, ist aber für mathematische Interessierte ein schönes Vergnügen.

Das Prinzip des Widerspruchbeweises beginnt mit einer Annahme. Aus dieser Annahme werden logische Folgerungen gezogen, die dann zu einem logischen Widerspruch führen. Das beweist, dass die anfängliche Annahme falsch ist. 

Ausgangsannahme: die Wurzel aus zwei sei ein Bruch. Dann wäre sie darstellbar als a/b = Wurzel(2), wobei a und b ganze Zahlen sind.

Dabei ist mindestens entweder a oder b ungerade, ansonsten könnte man den Bruch mit 2 kürzen. (Feststellung 1)

Annahme 1: Nehmen wir an, a ist ungerade. Dann ist a² ebenfalls ungerade.

(a/b)² und damit a²/b² ist aber nach der Ausgangsannahme Wurzel(2)², also 2. (Feststellung 2)

Also ist a² = 2b² und damit a² gerade. Ein Widerspruch zur Annahme 1, a sei ungerade.

Demnach ist die Annahme 1 falsch und a ist gerade. (Feststellung 3)

Wir können somit ein c finden, so dass a=2c gilt. (Feststellung 4)

Dann ist a² = (2c)² = 4c². (Feststellung 5)

Außerdem muss nach Feststellung 1, da a gerade ist, b ungerade sein. Daraus folgt aber unmittelbar, dass auch b² ungerade ist. (Feststellung 6)

Wir können nun aufgrund Feststellung 2 und Feststellung 5 schreiben:

a²/b² = 4c²/b²  = 2

Damit ist 4c² = 2b² und folglich

2c² = b², was bedeutet, b² ist gerade, was ein Widerspruch zu Feststellung 6 ist. (Feststellung 7)

Feststellung 3 und Feststellung 7 ergeben zusammen, dass weder a noch b ungerade sein können, was wiederum Feststellung 1 widerspricht.

Das bedeutet, unter Anwendung logischen Grundregel, dass, wenn aus X Y folgt, unweigerlich aus (nicht Y) (nicht X) folgt: die Ausgangannahme, die Wurzel aus zwei sein ein Bruch, ist falsch.

 

Dieser Beweis führt uns nun zu der für manche schwer vorstellbaren Erkenntnis, dass es unterschiedlich große Unendlichkeiten gibt, denn wie Wurzel aus zwei ist nicht Teil der Menge der Brüche, die Menge der Brüche aber ist wiederum gleich groß wie die Menge der ganzen Zahlen, also der abzählbare Zahlen.

In der Mathematik wird das eine ‚überabzählbare Unendlichkeit‘ genannt.

Die Logik dieses Beweises lässt sich leicht fortsetzen zu der Erkenntnis, dass es unendlich viele unterschiedlich große überabzählbare Unendlichkeiten gibt und das erlaubt nun ganz radikale Denkmodelle des Universums.

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Ein Universum / Multiversen

Es war bereits die Rede von erweiterten Welten, in denen die unsere eingebettet ist und in unserer Wahrnehmung wie auf einer Schiene in ihren drei Dimensionen entlang des  Zeitstrahles abläuft. In diesen Welten könnten Götter, Geister und alle möglichen weiteren Erscheinungen existieren, müssen aber natürlich nicht.

Darüber hinaus gibt es die äußert reizvolle Theorie der Multiversen.

Sie besagt, dass sich zu jedem Zeitpunkt jeder Entscheidung zwischen zwei Alternativen ein Universum in zwei neue aufteilt, die die jeweiligen beiden Möglichkeiten abbilden. 

Diese Theorie korrespondiert auf wunderbare Weise mit der Vorstellung, dass alles Denkbare existiert.

Sie lässt sich weiterhin in zwei interessante mögliche Theorien aufteilen:

Theorie 1: Modell der exponentiellen Expansion: wir alle leben in einem gemeinsamen Universum, in dem alle Entscheidungen genau so verlaufen sind, wie wir sie erlebt haben. Parallel gibt es unendlich viele Universen, in denen die Geschichte anders verlaufen ist. Andauernd entstehen neue Universen, von denen wir aber nur das eine wahrnehmen, in dem wir existieren, die anderen sind davon losgelöst.

Theorie 2: Die Denkbare Wirklichkeit: jedes Ding und jedes Wesen lebt im Universum seiner Wahrnehmung, diese Universen überlappen sich  zu großen Teilen, unterscheiden sich aber durch unterschiedliche Erfahrungen und Erkenntnisse.

Mir persönlich gefällt Theorie 2 besser, da sie nicht ganz so schicksalshaft ist und da sie die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Welt, die wir alle haben, erklärt. Zudem erlaubt sie durch die Durchlässigkeit, die die Überlappung bietet, mehr Möglichkeiten. Einerseits hinsichtlich mystischer Effekte oder auch Beispielsweise des Phänomens der Träume und Ideen,  andererseits zu den immer noch ungeklärten Fragen der Physik.

Beantworten werden wir es nicht können Es zeigt aber auf, dass es mehr Möglichkeiten gibt, als unser rationales Weltbild beschreibt.

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Die Unschärfe des Lebens zeichnet es aus

Bewertung von Sinn und Wert

In der Süddeutschen Zeitung vom 7. Januar 2017 war ein Bericht über die Technikmesse CES in Las Vegas, im Besonderen über digitales Spielzeug.

Zitiert wurde der Analyst Van Hoy des großen Analystenhauses Gartner mit dem Satz:

 „Es braucht ein Gerät, das zu einem Teil des Lebens von Kindern wird, so wie es Smartphones für Erwachsene sind.“

Die Motivation des Satzes war, die Erfolgsgeschichte des Smartphones im Spielzeugmarkt zu widerholen, damit die Kinder frühzeitig in die digitale Welt zu ziehen und so unmittelbaren Zugang zu ihrem Marktpotenzial zu erhalten.

Die Kinder sind also ein Markt.

Diese Betrachtung ist legitim aus der Sicht eines Unternehmens, das Geld verdienen will, indem es Kindern oder Eltern von Kindern irgendwelche Dinge verkauft.

Dieser Satz ist andererseits extrem bedenklich hinsichtlich der Diskussion über die Menschenwürde und die Behandlung als Subjekt oder Objekt: Jedes Kind hat ein Recht auf den Schutz der Gesellschaft für seine freie Entfaltung als Subjekt.

Sinn und Wert sind hier aus zwei Perspektiven sehr unterschiedlich.

Bei der Bewertung dessen, was wir Fortschritt nennen, ist es wichtig, diese unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.

Ein anderes Beispiel ist der Hochgeschwindigkeits-Börsenhandel. Mittels schneller Computer lassen sich aufgrund von Trends aus minimalen Kursabweichungen hohe Gewinne erzielen. Schön für den Broker.

Aber was ist der Sinn für die Welt?

Ehrlich betrachtet ist der schnelle Computer des Brokers nichts anderes als ein Wegelagerer, der jedem, der vorbeikommt, Geld aus der Tasche zieht. Nur weil er es kann.

Wollen wir in einer Welt von Wegelagerern leben?

Wir haben an dieser Stelle zwei Möglichkeiten:

Möglichkeit eins: wir berufen uns auf das Naturrecht. Alles was möglich ist, ist erlaubt, sonst macht es ein anderer.

Möglichkeit zwei: wir bewerten das Mögliche im Sinne der Fähigkeiten, die wir als Gesellschaft entwickelt haben und entscheiden, was wir wollen. Das ist der schwierigere Weg.

Es gibt keine pauschale Antwort, welcher Weg der bessere ist. Aber wir wären dumm, würden wir nicht beide Wege prüfen.

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Entscheidungen fällen

Das menschliche Leben unterscheidet sich von des Tieres durch das Fällen von Entscheidungen. Während das Tier sich einfach von seinem Instinkt und seinen Bedürfnissen treiben lässt, erhebt sich der Mensch zu einer höheren Sinnhaftigkeit. Das verschafft ihm seine Sonderstellung unter den Lebewesen, macht es aber nicht unbedingt leichter. Und viele Mitglieder der Gattung Mensch wären wohl durchaus bereit, sich wieder dem gedankenlosen Modell der Tiere anzuschließen.

Das ist auch möglich und die Geschichte hat immer wieder Angebote bereitgehalten, genau das zu tun. Klöster haben all jenen, die es wollten, eine klare Ordnung gegeben, Armeen ebenfalls. Heute leisten das Unternehmen. Heerscharen von Angestellten leben ihren Beruf in einer komplett organisierten Form, ohne Zweifel, mit der befriedigenden Erfahrung das Richtige zu tun als wohldefiniertes Mitglied einer Organisation.

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Organisationen können Maschinen sein oder organische Räume

Es gibt beliebig viele Vorstellungen vom Aufbau einer Organisation und jede wird von sich sagen, sie sei anders als alle anderen. Dem zu widersprechen sollte man sich stets gut überlegen, um nicht Empörung zu ernten.

Dennoch gibt es im Wesentlichen zwei grundsätzliche Modelle, wie Organisationen gedacht werden können. 

Modell A: Ablauforientiert. Hier steht das perfekte Funktionieren eines Prozesses im Vordergrund. Ablauforientierte Organisationen setzen um. Und zwar genau das, wofür sie geschaffen sind. Das beherrschen sie aber perfekt. Sie treffen Entscheidungen genau bis zu dem Grad, an dem sie eine Fragestellung als vom Prozess abgedeckt einordnen oder nicht. Ist sie abgedeckt, wird sie durchprozessiert, andernfalls ausgeworfen.

Viele große Organisationen funktionieren so. Wer in einem Großunternehmen einmal probiert hat, etwas zu erreichen, was nicht vom Prozess abgedeckt ist, weiß, wie aussichtslos das ist. Es ist nahezu unmöglich, eine Person zu finden, die in der Lage ist, zu entscheiden, ob das Thema Bedeutung hat, ob dafür Geld ausgegeben werden soll oder Mitarbeiter ihre Arbeitszeit investieren. Dabei ist das gänzlich unabhängig von der Frage, ob das Thema Sinn macht.

Wegen dieser Unfähigkeit geschehen bisweilen absurd erscheinende Dinge.

Einem Kunden eines Energieversorgers wurden tausende Liter Öl in den Keller gestellt, um einen kurzfristigen Engpass bei der Umstellung eines Heizsystems abzufedern. Der Kunde brauchte nur einen Bruchteil. Den Rest hat nie wieder jemand abgeholt, denn niemand war dafür zuständig.

Die Kunde hält den Versorger nun für unfähig seine Kosten zu managen. Tatsächlich wäre es für den Versorger vermutlich viel teurer, eine Struktur zu schaffen, die sich um das Restöl kümmert.

Anderen Unternehmen entgehen auf diese Weise große Geschäfte. Das Unternehmen SAP existiert nur, weil innerhalb von IBM niemand war, der entscheiden konnte, in dieses Zukunftsfeld zu investieren

Modell B: Schnittstellenorientiert („Die Bienenwabe“). Der andere Organisationstyp ist Schnittstellenorientiert. Hier gibt es bestimmte Einheiten, die einen Aufgabenbereich haben, den sie nach ihrer eigenen Vorstellung bewältigen. Ihr einzige Einschränkung sind ihre Schnittstellen: Informationen oder Dinge, die hineinkommen, und solche die herausgehen. Hier müssen sie zuverlässig sein.

Vorstellen kann man sich das wie ein System von Waben. Jede einzelne Wabe ist in sich ungeregelt, der Übergang zur Nachbarwabe ist jedoch zwischen den beiden klar geregelt.

Diese Organisationen genießen intern große Freiheiten, die sie in der Regel eisern verteidigen. Dabei sind sie Fehlertolerant, kreativ und innovativ. Eine ideale Konstellation.

Interessant wird es mit dieser Form, wenn die Bedingungen, also die Schnittstellen, sich ändern oder wenn die Teams überheblich werden. Kontinuierliche Veränderungen können dabei in der Regel gut verkraftet werden, da jeder Übergang flexibel zwischen zwei benachbarten Waben neu gestaltet werden kann. Schwieriger wird es, wenn die gesamte Architektur in Frage gestellt wird oder wenn die Erwartungen zwischen Wabennachbarn widersprüchlich werden.

Eine Unternehmensführung erwartet gerne von einer Organisation nach Modell A die Kreativität des Modells B, andererseits von Teams nach Modell B die Effizienz von Modell A. In beiden Fällen sind die Teams überfordert und reagieren auf eine Drucksituation mit Verteidigungskämpfen, die in der Regel zu einem deutlichen Leistungsverlust führen.

Verkürzt könnte man sagen: Lebende Organismen funktionieren nach Modell B, tote nach Modell A.

Modell  A ist optimiert auf einen bestimmten Zweck und völlig unflexibel, wenn eine Aufgabe davon abweicht. Modell A ist eine Maschine, die extrem zuverlässig genau das tut, wofür sie entworfen wurde.

Modell B ist flexibel gehalten. Jede „Zelle“ hat die Freiheit der Entscheidung. Sie interagiert mit anderen Zellen und kann sich dabei sogar neuen Zellen öffnen oder vorhandene Verbindungen anpassen oder kappen. Modell B funktioniert nicht absolut sondern hat Stärken und Schwächen, die sich verändern können. Es entspricht damit dem evolutionären Prinzip der Anpassung. 

Wer sich Strukturen und Modelle überlegt, nach denen bestimmte Dinge funktionieren sollen, sollte diese beide Modelle stets sorgfältig unterscheiden. Sie lassen sich nicht mischen. Eine unzuverlässige Maschine ist ebenso wenig gewollt, wie ein technischer Zwang, der nicht in der Lage ist, sich verändernden Bedingungen anzupassen.

Große technische Vorhaben sind immer wieder an diesem Thema gescheitert. Die Atomkraft schafft einen Jahrtausende währenden Zwang, ihre Hinterlassenschaften zu sichern, das hält keine Gesellschaft durch. Der Kommunismus wäre eine tolle Idee, würden sich alle seinen Regeln unterwerfen. Die Unterwerfung unserer Gesellschaft unter die technischen Mechanismen des Marktes scheitert gerade vor unseren Augen.

In allen Fällen sprechen wir von dem, was die alten Griechen die Hybris nannten, den Hochmut. Eine der sieben Todsünden, wie wir später noch sehen werden.

Ihr gegenüber haben die Griechen die Demut gestellt. Das Anerkennen von Kräften, die andere Ziele verfolgen, als die eigenen und die Flexibilität, mit ihnen umzugehen.

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Umgang mit Faktens

Derzeit wird von vielen Seiten das „Postfaktische Zeitalter“ beklagt. Das bewusste Negieren offensichtlicher Wahrheiten, um stattdessen eigene Positionen zu untermauern.

Philosophisch betrachtet ist diese Klage sehr problematisch. Denn die Philosophie erkennt eines mehr oder weniger durchgehend an: dass es Wahrheit nicht gibt.

Und damit, dass Fakten nicht Wahrheit sind, sondern allenfalls ein Einverständnis einer Meinung.

Damit erscheint das Problem des postfaktischen unter einem anderen Licht.

Es ist unbestritten, dass viele Behauptungen, die derzeit durch die sozialen Medien geistern, völliger Unsinn sind. Sie erinnern in ihrer Unsinnigkeit aber eher an Trotz. Ein gefährlicher Trotz, zugegeben, aber trotzdem Trotz.

Eine Gegenreaktion auf eine gefühlte Dominanz der Fakten derer, die als die Elite wahrgenommen werden.

Es werden dabei nicht einzelne Fakten bestritten, sondern die Ordnung in Frage gestellt, innerhalb derer diese Fakten wahr sind. Das ist ein wichtiger Unterschied. Und ohne eine Ordnung kann alles behauptet werden. Das nutzen die Populisten aus.

Das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, vom Dänen Hans Christin Andersen 1837 veröffentlicht, erzählt genau die Geschichte der „Lügenpresse“. Von einer erzwungenen Wahrheit des Kaisers, die mit der Wirklichkeit nicht zu tun hat. Es geht hier um Regeln und Widerspruch und um die Anerkennung des Widerspruchs.

Fakten sind etwas sehr verführerisches. Fakten basieren, da Wahrheit nicht existiert, immer auf einem Wertegerüst, einer Ordnung. Nun ist es aber so, dass keine Ordnung vollständig geteilt wird, sondern sich, gemäß Modell B einer Organisation, jeder so einrichtet, wie es ihm gerade am besten passt. Wenn jetzt aus einer dominierenden Ordnung zu viele zwingenden Fakten abgeleitet werden und die Freiheiten einzelner darunter leiden, kommen Zweifel auf. Und die Zweifel können brutal sein.

Und auf einmal ist der Kaiser nackt.

Zwei Effekte spielen dabei zusammen: Die Bereitwilligkeit, sich auf aberwitzige  Behauptungen einzulassen, nur weil das Versprechen dahinter sich gut anfühlt, ist umso größer, je schlechter sich ein Leben ohne diese anfühlt. Zudem ist der Verlust des Glaubens an eine gewohnte Ordnung etwas ziemlich schreckliches, vergleichbar mit dem Verlust einer geliebten Person. Die Bereitschaft, sich in dieser Trauer der nächstbesten Alternative anzuschließen, die sich anbietet, ist groß, denn für viele Menschen ist ein Leben ohne Glauben an eine Ordnung völlig haltlos, auch wenn sie es nicht zugeben.

In der Geschichte hat das immer wieder Populisten aller Art in die Hände gespielt. Sogar das Christentum hat sich auf diese Weise durchgesetzt: In jener Zeit gab es heftige Machtkämpfe zwischen römischem Senat und römischer Armee, was zu schlechten Lebensbedingungen für das einfache Volk führte. Das Erlösungsversprechen im Jenseits war ein willkommener Hoffnungsanker angesichts würdeloser Bedingungen im Diesseits. Ähnliches widerfährt heute Teilen des Islam, den gleichen Effekt haben viele andere Ideologen in der Geschichte genutzt, zuletzt sehr erfolgreich US Präsident Donald Trump.

Daraus lässt sich lernen: Fakten sind verletzlich. Sie sind Teil einer Ordnung und gelten nur, solange die Ordnung anerkannt wird. Der Widerstand gegen eine Ordnung ist zunächst in erster Linie Zerstörung und die hat es nicht nötig, ihre Behauptungen zu beweisen. Das Gebilde, das auf den Überresten wächst ist zunächst eine offene Zukunft und nährt sich von Hoffnung.

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 „Das wird kommen“ - In wessen Auftrag handle ich eigentlich

Der Philosoph und Medientheoretiker Marsha McLuhan meinte 1966: „Wir formen unser Werkzeug, und danach formt unser Werkzeug uns“ (wie stellt eine totale Medienwelt neue Wirklichkeiten her, Spiegel 1/17 S. 147)

Ein Effekt, der in jüngster Zeit wieder in Form der „Ego-Blase“ der sozialen Netzwerke auftrat. Der Medienkonsument, der von Algorithmen die Welt so gefiltert bekommt, dass er nur noch das wahrnimmt, was er wahrnehmen will.

Derartige Algorithmen verstärken einen Effekt, der auch ohne sie eintreten kann. Der Glaube wirkt ähnlich, ebenso Schicksalsergebenheit.

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Selbsterfüllende Prophezeiung

Vertreter der heutigen Technologie-Unternehmen sagen gerne, eine bestimmte Technologie „wird kommen“, das ließe sich gar nicht aufhalten. Derartige Aussagen werden gerne aufgegriffen, einerseits weil sie gruselig sind und Menschen auf Grusel mit Aufmerksamkeit reagieren, andererseits weil sie von Experten kommen. Diese Experten sind allerdings in der Regel befangen. Sie sprechen von ihrer eigenen Schöpfung oder weil sie ein Interesse daran haben, in manchen Fällen, weil sie fasziniert sind.

Es gibt viele weitere Gründe, an eine bestimmte Veränderung zu glauben:

Weil man sie verkaufen will.

Weil man glaubt, sie würde die Welt verbessern.

Weil sie von jemandem betrieben wird, der sehr mächtig erscheint.

Weil sie eine Überraschung ist.

Der Glaube verstärkt die Wahrscheinlichkeit, doch was dann tatsächlich geschieht, ist oft etwas vollkommen anderes.

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Gewollte Veränderungen scheitern in der Regel

Veränderungen haben ihre eigene Dynamik. Die Anzahl der Faktoren, die Einfluss darauf nehmen, ist theoretisch unendlich groß.

Wenn der Eindruck entsteht, die Veränderung ist in jemandes Interesse, regt sich Widerstand.

Wenn die Veränderung Effekte erzeugt, die wieder andere Veränderungen ermöglichen, werden diese auch eintreten.

Wenn die Veränderung von Einflüssen abhängt, die durch die Veränderung verändert werden, werden die sich anders verhalten, als erwartet.

Mit anderen Worten: eine vorhandene Ordnung in eine neue Ordnung zu überführen, ist ein Unterfangen, das selten gelingt und noch seltener gelingt es, die neue Ordnung vorauszusehen.

Die großen Veränderungen der Geschichte geschahen eher ungeplant. Der Erfinder des Computers dachte, das sei ein Gerät für Spezialisten und werde nie in relevanten Serien produziert. Die Erfindungen der Industrialisierung waren die Ergebnisse einzelner, technikbesessener Ingenieure. Das Smartphone war die Schöpfung eines Besessenen.

Das waren Überraschungen, die anfangs verlacht wurden und ihre eigene, völlig unerwartete Dynamik bekamen. Während anderer Überraschungen nach kurzer Zeit von der Geschichte überrollt und vergessen wurden.

Entscheidend bei den wenigen Veränderungen, die erfolgreich waren, war, dass sie angenommen wurden. Dass sie entdeckt wurden und sich entwickeln konnten. Zu einer Form, die selten vorhergesehen war.

Einen großen Unterschied macht es, wenn Veränderungen konstruiert werden. Ersonnen aus einer Machbarkeit, motiviert aus einem geschäftlichen Interesse und umgesetzt mit unternehmerischer Macht. Sie dienen in der Regel einem bestimmten Interesse und erzeugen dadurch Widerstand. Gleichzeitig bieten sie, da sie mit Macht und Tempo eingeführt werden und schnell verändern, Angriffsflächen.

Konstruierte Veränderungen kommen letztendlich in der Regel aus der Gesetzgebung, nicht aus der Technologie. Denn nur dann kommen sie aus einem Willen, der eine Gesellschaft vertritt.

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Das Internet und die freie Liebe

In den sechziger Jahren hat eine Erfindung die Welt nahezu aus den Angeln gehoben: die Anti Baby Pille. Sie gab der Sexualität völlig neue Möglichkeiten, den Frauen eine völlig neue Freiheit der Lebensgestaltung und hat dadurch jahrtausendealte Normen gesprengt. Das hat eine Energie freigesetzt, die weit über die Sexualität hinaus gesellschaftliche Veränderungen angestoßen hat.

Die „freie Liebe“, die mehr als ein Jahrzehnt und eine Generation geprägt hat, war etwas revolutionäres, was gleichzeitig viele Menschen überfordert hat und zu Hass und Gewalt führte.

Gleichzeitig öffnet die freie Liebe ganz anderen Kräften die Tore. Geschlechtskrankheiten und allen voran Aids rollten über die Menschen, Wertedebatten über Moral und Treue entstanden auf einer neuen Basis, weil die Menschen eine Ordnung suchten.

Diese Zeit ist vergleichbar mit der Entwicklung des Internets. Begonnen als eine Technologie der unbegrenzten Freiheiten und Möglichkeiten kamen auch irgendwann die Schattenseiten: Krankheiten, Viren, Missbrauch, Kriminalität Einerseits, Überforderung, Hybris und soziale Verwerfung andererseits. Inzwischen auch Krieg.

Es ist unwahrscheinlich, dass der anarchistisch freie Raum des Internets ewig bestehen wird. Wahrscheinlicher ist, dass es Grenzen geben wird, Schutzwälle, Verteidigungsanlagen und Risikokalkulationen.

Das wird nicht mehr das Internet sein, das wir heute kennen.

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Automatische Entscheidungen und der Irrtum

Wie eingangs erwähnt ist die Frage nach der Entscheidung zwischen Richtig und Falsch eine der Säulen der Philosophie. Eine uralte, niemals beantwortete Problematik, vielmehr eine Frage, deren Beantwortung sich ständig ändert. Ebenso wie die Welt sich ständig ändert. Die Moden, die Erkenntnisse, die Bedürfnisse, die Randbedingungen, die Meinungen – alles ist in Bewegung. Eine der wichtigsten Übungen einer Gesellschaft ist es, diese Übung, was ist richtig und was ist falsch, immer wieder neu durchzuspielen und zu prüfen. Alleine schon, weil es ja zu keinem Zeitpunkt wirklich feststeht, also das, was der eine als gültig ansieht, der andere noch lange nicht so sehen muss.

Ein Trend der Technik ist es andererseits, diese Entscheidung zunehmend Maschinen zu überlassen. Angefangen bei der  Verkehrskontrolle, dann bei Tests jeder Art, bei der Steuerprüfung,  bei der Bewertung von Verhalten etwa durch Versicherungen, in der Programmierung von sozialen Netzwerken, bei der Steuerung von Systemen durch maschinelles Lernen, … und bei der petzenden Zahnbürste.

Die Kernkompetenz des Lebens ist das verantwortliche Entscheiden, gekoppelt mit dem Zweifel. Das offene Prüfen und Hinterfragen. Maschinen zweifeln nicht. Und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich irren.

 

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Die Sache mit dem Sinn

Der Sinn entwischt gerne

So wie Karl Popper die Bedingungen für neues Leben beschreibt, ergeht es jeder Veränderung. Als erstes muss sie sich unter realen Bedingungen als lebensfähig erweisen. Das kann alles sein. Vom Aids Virus bis zur Klon-Maschine.

Dann stellt sich die Frage, was diese Änderung bewirkt. In der Regel setzt sich das aus dem Schaffen von etwas Neuem sowie dem Verdrängen von etwas Altem zusammen. So funktioniert Innovation. Im Markt setzt sich etwas durch, wenn das Neue die Vorteile des verdrängten Alten deutlich überwiegt. Wobei Vorteil ein irreführender Begriff ist, Durchsetzungsfähigkeit wäre besser, etwa wenn wir von Krankheiten sprechen.

Es gäbe je durchaus interessante Erfindungen:

Der Liebestrank: einmal eingeflößt und die Person verliebt sich sofort und unsterblich in den Überbringer.

Der Schönheitspille: macht jeden Menschen schlank und schön.

Die Ernährungsmaschine: sorgt für den idealen Weg von Recycling und Nahrungserzeugung und erzeugt wohlschmeckendes Essen für alle.

Die Unterhaltungsmaschine: verschafft jedem Menschen immer schöne Erlebnisse.

Die Gesundheitsmaschine: vernichtet alle Krankheiten und verlängert das Leben nach Belieben.

Würden sich diese Maschinen durchsetzen?

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Paradiessehnsucht

Der Traum von den obengenannten Maschinen spiegelt die Paradiessehnsucht wieder. Ein uralter Wunsch der Menschheit, seit sie sich das Paradies als idealen Ort ausgedacht hat.

Nicht umsonst handelt die Schöpfungsgeschichte von der Vertreibung aus dem Paradies. Und nicht umsonst nutzen die großen Jenseits-Religionen das Paradies als Versprechen.

Das biblische Paradies war in erster Linie frei von Erkenntnis und frei von Zweifeln. So erlaubte es ein bedenkenloses dahintreiben. Was sonst noch in diesem Paradies geschah oder nicht geschah, ist nicht beschrieben. Wir wissen nicht, ob dort gestorben wurde, wir wissen nicht, ob Adam und Eva dort die einzigen Menschen waren, wir wissen nicht, ob die Menschen dort der körperlichen Liebe nachgingen (sie hatten den Auftrag, sich zu vermehren) und ob ihnen das Freude bereitete.

Die Vertreibung aus dem Paradies war jedenfalls der Wurf ins Leben, mit all seinen Facetten und Widersprüchen.

Der Sehnsucht des Menschen nach dem Paradies ist weit verbreitet. Sie beinhaltet den Wunsch nach Sicherheit und Geborgenheit, den Wunsch nach Ordnung. Viele Menschen beginnen, wenn sie älter werden, sich abzuschotten, sich in einen Kokon zurückzuziehen, als eine paradiesartige Kapsel. Klöster waren über die Jahrtausende paradiesähnliche Einrichtungen. Es geht darum, die Widersprüche und Risiken des Lebens auszusperren.

Das ist heute der Trend der Zeit.

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Die Abschaffung der Religion führt zu einem Paradieswahn

Der Paradiestrend hängt damit zusammen, das das Gefühl in unserer Kultur angelegt ist, das Versprechen aus dem Glauben heraus aber abhandengekommen ist.

Außerdem hängt es mit der Eigenschaft der Messbarkeit zusammen.

Der Russisch Deutscher Philosoph Boris Groys erklärte am 7.1.2017 in der Süddeutschen Zeitung: „Der Kommunismus war der Versuch, mit säkularen Methoden das Reich Gottes auf Erden zu verwirklichen.“

Weiter: „Lenin und Trotzki … waren stolz, dass er länger anhielt als die Französische Revolution. Sie waren alle geschult in marxistischer Dialektik. Die Vorstellung, dass jede Revolution mit einer Restauration endet, war tief in ihnen verankert. Dass ihre so lange durchhält, hätten sie nie gedacht.“

Genauso wie die Kommunisten versucht es die sogenannte westliche Welt, seit sie das Paradies im Himmel aus ihrem Denkmuster genommen hat. Nahezu jeder Chef eines Technologieunternehmens spricht von Weltverbesserung. Nahezu jedes Versprechen der Wirtschaft geht um Sicherheit und Geborgenheit.

Das praktische daran ist, dass sich daraus so einfach Ziele ableiten lassen, gegen die schwer zu argumentieren ist. Das Besiegen von Krankheiten, die Abschaffung von Verkehrstoten, die Abschaffung von Verbrechen, die Abschaffung von Armut. Hehre Ziele, die sich Organisationen auf ihre Fahnen schreiben und mit denen es sich prächtig Geschäft machen lässt.

Gleichzeitig ein hervorragendes Maß für Politiker um Handlungsfähigkeit und Erfolg aufzuzeigen.

Paradiessehnsucht erzeugt autoritäre Systeme

Die Konsequenzen sind bemerkenswert: Die Paradiessehnsucht lässt die Leute nach Geborgenheit suchen. Das treibt die Politik in eine zunehmende Sicherheitsorientierung, alles was möglich ist, wird geregelt und abgesichert. Es entsteht dabei ein Konstrukt aus Richtig und Falsch, das sich von den Menschen in ihren Möglichkeiten, Wünschen und vor allem ihrer Unvollständigkeit entfernt.

Dabei gibt es die einen, die sich in dieser geregelten Welt gut positioniert haben, aber es gibt auch die anderen, denen das nicht gelungen ist oder die das gar nicht wollen. Der Widerstand derjenigen, die sich dabei überfordert fühlen, treibt derzeit die Tendenz in Richtung autoritärer Systeme.

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Zerstörung

Natürliche Prozesse bestehen aus Schöpfung und Zerstörung. Zerstörung in der Natur findet aus zwei Gründen statt: Im Zusammenhang mit fressen und gefressen werden, also der Nahrungskette, sowie im Zusammenhang mit Lebensräumen.

Interessant ist an dieser Stelle der zweite Grund. Zerstörung findet dabei immer dann statt, wenn es zu eng wird und andere Kräfte beginnen zu wirken. Was dabei zerstört wird, darauf nimmt die Natur keine Rücksicht.

Für Gesellschaften gilt im Prinzip das gleiche. So sehr die Gesellschaft sich auch bemüht, sich durch eine Ordnung zu stabilisieren: wenn diese Ordnung zu eng wird, zu viele Beteiligten bedrängt, begehren diese auf.

So entstehen Revolutionen, Aufstände, Revolten, Königsmorde.

Das Prinzip ist dabei immer das gleiche: wird eine Ordnungskraft zu mächtig, wird sie zerstört. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Die Unvermeidlichkeit dieses Prinzips liegt an der Offenheit des Systems. Die Anzahl der Kräfte, die Einfluss nehmen ist darin unendlich groß, wogegen die ordnende Macht nur eine endliche Zahl an Kräften kontrollieren kann. Irgendwann formieren sich genügend andere, so dass es zur Zerstörung reicht.

Die Welt zu beherrschen ist daher eine gefährliche Idee. Sie fordert die Zerstörung geradezu heraus.

Erfolgreiche Systeme haben sich daher stets ein Gegengewicht gehalten. Die Katholische Kirche war so lange stark, wie das Machtverhältnis zwischen Kaiser und Papst mehr oder weniger ausgewogen war. Die moderne Welt war vergleichsweise ruhig, solange der Kapitalistische Westen und der Kommunistische Osten sich gegenüberstanden.

Gegen das alles überrollende Dritte Reich Hitlers hat sich schnell eine globale Allianz gebildet, bis es nach zwölf Jahren fiel. Der Kapitalismus wurde nach dem Fall des Kommunismus so übermütig, dass er eine neue Welle von Rechtspopulisten gebiert.

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Die Digitale Weltherrschaft ist noch zu jung für Zerstörung

Wir wissen noch nicht, wie sich das mit den globalen Technologien entwickeln wird. Sie sind noch zu jung. In der digitalen Welt von heute gilt die Weltherrschaft als notwendige Bedingung, da die digitale Welt keine Grenzen kennt. Bei den sozialen Netzen lassen sich Effekte wie beim Kapitalismus erkennen, dass das System sich an sich selbst aufreibt. Was darüber hinaus geschehen wird, wissen wir noch nicht. Einige Aspekte tauchen aber bereits am Horizont auf:

Datenmanipulation: ein derzeit schnell wachsendes Thema, zuallererst im Zusammenhang mit Geheimdiensten und der Beeinflussung politischer Prozesse.

Datenterrorismus: der nächste Schritt wäre die systematische Störung von Systemen beispielsweise durch Falschdaten.

Dynamische Effekte der Wahrnehmungsverzerrung: die soziale Ich-Blase der sozialen Netzwerke.

Vertrauensverlust durch kommerziellen Missbrauch: Betreiber datengetriebener Systeme stehen unter wirtschaftlichem Druck. Das verleitet sie zu Geschäftsmodellen, die gegen die Interessen ihrer Kunden laufen. Gerade im Zusammenhang mit „Big Data“ liegt die Versuchung nahe, „Trends“ zu beeinflussen. „Big Data“ getriebene Systeme unterliegen einer andauernden dynamischen Veränderung. Sie sind daher weder Testbar noch ist das Systemverhalten nachvollziehbar. Manipulation liegt daher nahe.

Qualitätsverlust durch Optimierung: Die Versuchung, sich stets am bewährten zu orientieren und das zu perfektionieren führt zur Vereinheitlichung der Angebote und macht sie unattraktiv.

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Naturrecht und Gesellschaft

Die Analyse zu Schöpfung, Ordnung und Zerstörung sowie zu Gesellschaft, Glaube  und Veränderung führt immer wieder zum Naturrecht.

Das Naturrecht gilt, wenn kein anderes gilt. Also auch in Zeiten der Zerstörung, wenn die Ordnungsform, die sonst Recht spräche, eben genau angegriffen wird.

 Das Naturrecht gilt für alle gleich. Nicht nur für Menschen, auch für Löwen, Bakterien, Erdbeben und Außerirdische. Wenn sie dich fressen und zerstören wollen und können, werden sie es tun.

Wichtig sind in diesem Satz die Worte „wollen“ und „können“. Für Erdbeben ist „wollen“ vielleicht weit hergeholt, doch im Sinne der Logik will das Erdbeben dadurch, dass es existiert.

Jetzt geht es um Technologie.

Angenommen, es könnte eine Maschine gebaut werden, die es sexuellen Triebtätern erlaubte, Menschen zu missbrauchen, ohne dass diese es bemerken.

Sollte diese Maschine gebaut werden? Also ist es gewollt?

Sie hätte einen hervorragenden Markt: alle Triebtäter

Sie hätte eine positive Argumentation: Die Triebtäter würden ihren Trieb ausleben, ohne Schaden anzurichten. Allen wäre geholfen.

Man könnte dagegen argumentieren: Die Maschine würde verhindern, dass Menschen sexuellen Missbrauch als Gefahr für ihren gesellschaftlichen Zusammenhalt sehen und aktiv bekämpfen. Doch das wäre ja nicht mehr nötig. Außerdem gilt immer der Satz: Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer.

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Der Zusammenhalt von Gesellschaften ist möglicherweise ein schützenswertes Gut

Ohne die Missbrauchsmaschine weiter zu bewerten zeigt sie das Dilemma zwischen möglichen technischen Veränderungen nach dem Naturecht und einem gesellschaftlichen Konflikt.

Das Dilemma ist historisch relativ neu, so wie die Dominanz der Technik neu ist. Erstmals trat sie auf in der Renaissance, mit Gallilei und dem Triumph der Naturwissenschaften, wirklich durchschlagend ist es erst seit dem Fall der Mauer 1989.

Bis dahin haben wertgebende Instanzen die technische Entwicklung kontrolliert beziehungsweise ihren Einsatz gesteuert. Mit abnehmender Wirksamkeit über den Verlauf des 20. Jahrhunderts, aber dennoch.

Erst seit dem Mauerfall waren alle Schranken dahin und der Sieg des Machbaren war unaufhaltsam geworden.

Der Preis dafür ist eine höchst verunsicherte Gesellschaft mit starken Zerfallserscheinungen. Mit kriegerischen Auseinandersetzungen, wie sie Umbruchzeiten stets erzeugen wegen der Unsicherheit einerseits und wegen der neuen Möglichkeiten, die in der Regel als erstes im Krieg erprobt werden, andererseits. Es ist eine Gesellschaft, die die Orientierung verloren hat, was sie will. Sie hat vorübergehend den Zustand der geordneten Zivilgesellschaft verlassen und den einer Horde angenommen.

Das ist nicht von vorneherein schlecht, aber es ist notwendige, zu üben, sich mit dieser Orientierung zu befassen. Gerade in Zeiten, in denen sie verwirrt wird.

Noch ein Grund, warum dieses Buch existiert.

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Technik und Politik – Wunsch und Wirklichkeit

Techniker glauben an das Gute. Sie sehen Möglichkeiten und sind begeistert davon. Sie haben ihre Freude am Ausprobieren und ihre Bestätigung im Erlebnis, dass es Funktioniert.

Politiker denken vollkommen anders. Der Politiker  glaubt an das Schlechte. Er hat ein Gespür für die Niedertracht und baut einen Gesellschaftsvertrag so auf, dass er aller Niedertracht der Teilnehmenden standhält.

Während der Techniker oben im Kartenhaus begeistert winkt, rüttelt der Politiker an der untersten Karte und lässt es einstürzen.

Dazwischen sitzen die Unternehmer, die beides wissen und darauf achten, dass die Kartenhäuser groß werden, doch grade noch standhalten.

Die Aufgabe des Politikers ist dabei sehr wichtig. Er ist der Zweifler, der für Stabilität sorgt. Nicht umsonst ist er es, der in einem Gesellschaftsvertrag die Regeln setzt.

Schwierig wird es, wenn der Politiker aufhört zu zweifeln. Wenn er sich begeistern lässt, mit welchen Mitteln auch immer, und das Kartenhaus nicht stabil ist.

Das ist in der westlichen Welt seit dem Mauerfall geschehen.

 

 


 

Teil 5 – Themen jenseits der Vernunft

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Glaube ermöglicht außerordentliches

Glaube hat eine starke Wirkung auf den Menschen. Er gibt ihm Orientierung und hält ihn davon ab, ständig sich und sein Tun in Frage zu stellen. Zudem gibt er ihm Hoffnung und damit ein Motiv, Dinge zu tun, die er sonst nicht wagen würde. 

Das Mittelalter war der Glaube fixiert auf das Jenseits. Lieder wie „Eine feste Burg ist unser Glaube“ sind mittelalterlich und drücken genau das aus, was sie sagen. Der Glaube schützt vor jedem Unheil.

Die heutige Zeit ist nicht viel anders. Der Glaube ist auf Technologie fixiert. Wir glauben, mit technischen Wundertaten die Probleme der Menschheit und der Welt lösen zu können.

Auch der Kommunismus war ein Glaubensthema, wie Borys Groys oben schreibt.

In all diesen Glaubensformen geht es um Heilsbringung. Sie stecken beide voller Widersprüche, sind aber jeweils eine schöne Idee, die es uns erlaubt, etwas für richtig zu halten. 

Es gab auch andere Zeiten. Die Antike, die Renaissance, die Umbrüche in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: In diesen Zeiten dominierte der Zweifel als wesentlicher Bestandteil der Beschäftigung mit Glaube.

Der starke Glaube im Mittelalter hat eindrucksvolle Denkmäler hinterlassen. Die Kathedralen Englands, Frankreichs und Deutschlands währen ohne den religiösen Wahn der Gläubigen und ihrer Fürsten niemals entstanden.

Welche Kathedralen die Technologie hinterlässt, wird die Zukunft zeigen. Das einzig sichere Vermächtnis, das wir bisher für nachfolgende Generationen aufgebaut haben, sind die Ruinen und Abfälle der Kernkraft.

 

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Tugenden und Todsünden

Die Menschen des Mittelalters in Westeuropa litten unter einem Bildungsverlust. Die Trennung des Römischen Reiches in Rom und Byzanz führte im westlichen Teil zu einer starken Ideologisierung unter dem Christentum und mit der Übernahme der Macht durch die Germanen zu einer völligen Ablöse von der antiken Bildung, die im Vergleich zu den Tausend Jahren zwischen 400 und 1400 eine wahre Hochkultur war, nach Ansicht vieler sogar insgesamt die hervorragendste Kulturphase der Menschheitsgeschichte.

Erst mit dem Ende der Kreuzzüge und der Wiederaufnahme des kulturellen Austausches mit Byzanz endet dieses dunkle Zeitalter der Bildung.

Dennoch waren die Menschen des Mittelalters nicht dumm und fanden, trotz der starken Orientierung am Jenseits, kluge Mechanismen für die Bewertung von Lebensweisen und Haltungen.

Eine ernste Betrachtung wert sind die sieben Todsünden und die sieben Kardinaltugenden.

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Sieben Todsünden

Zunächst die Todsünden: Bei näherer Betrachtung kommt unser derzeitige Gesellschaft bei den Todsünden nicht sonderlich gut weg.

 

1. Superbia - Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut)

Nicht umsonst die Nummer eins. Sich für auserwählt zu halten, die Wertschätzung anderer zu vernachlässigen, mehr reden als zuhören, der Satz „Das habe ich mir verdient“.

2. Avaritia -  Geiz (Habgier)

Das auskoppeln aus der Gemeinschaft, aus dem Vertrauen, das sie schafft. Schnäppchenjagd, sich beraten lassen im Laden und kaufen im Internet.

3. Luxuria - Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren)

Die aktuellste Todsünde: Das Leben soll leicht sein, das Jagen nach Kicks, nach dem Besonderen, Safari, die letzte einsame Insel, die neuesten Gimmicks. Fluglinien Magazine.

4. Ira - Jähzorn (Wut, Rachsucht)

Der Wutbürger, der besorgte Bürger, das selbstverliebte der Populisten. Genauso die Opferhaltung. Sich gerecht zu machen gegenüber der Welt ist ein gefährliche Anmaßung.

5. Gula - Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Selbstsucht)

Der Konsum. Shopping, das Kauf dich glücklich Syndrom. Sehr aktuell, wenn Shopping fast das einzig verbliebene Freizeitvergnügen ist und Kultur vergessen wird.

6. Invidia - Neid (Eifersucht, Missgunst)

Das Zurschaustellen von Überlegenheit, das sich messen: teureres Auto, teurere Reisen, größeres Haus. Die Hexenjagd der politischen Korrektheit.

7. Acedia - Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Trägheit des Herzens)

„Das ist doch nicht mein Problem“. Schimpfen auf den Staat, aber politisch nichts tun. Der Satzanfang „es müsste“.

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Sieben Kardinaltugenden

Die sieben Kardinaltugenden benenne ich unkommentiert:

 

Sie trennen sich in weltliche und christliche.

Die vier Weltlichen: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung.

Die drei Christlichen: Glaube, Liebe, Hoffnung

 

Die interessanteste davon ist die Hoffnung, denn sie bewirkt, dass die Menschen irrational handeln.

 

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Schlussbemerkung

 

Schon Heraklit hat mit seinem Satz „Alles fließt“ eigentlich alles gesagt. Nichts ist von Bestand, die einzige Konstante ist die Veränderung.

Das ist tröstlich, nimmt es doch den Druck, das „Wahre“ oder „Richtige“ zu finden.

Es bleibt die Frage nach dem Sinn. Sie ist weiterhin unbeantwortet und wird es wohl angesichts der Unendlichkeit der Räume und Möglichkeiten um uns herum auch bleiben. Und das ist gut so. 

Wüssten wir die Antwort, es wäre schrecklich.

Dennoch ist die Suche danach das Schicksal des Menschen, seit er aus dem Paradies vertrieben wurde. Und damit beantwortet sich auch die Frage: Der Sinn ist die Suche danach.

Es ist wie mit der Erkenntnis: Man kann sie nicht lernen, man kann sie nicht bauen, doch man kann sie üben. Und wenn sie kommt, kommt sie aus dem Nichts und verändert alles.

Wie die Liebe.

Und damit schließt sich der Kreis.

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Sinntest

 

Ein einfacher Sinntest kann helfen, Ideen zu beurteilen. Das Ergebnis, eine Sinnantwort, ist, wie jeder Leser des vorangegangenen Textes leicht erkennt, weder richtig noch falsch, da der Sinn immer vom Kontext abhängt. Dennoch kann es helfen, die eigenen Gedanken zu sortieren. Sinnlos erscheinende Ideen können durchaus erfolgreich sein, es sind dann andere Kriterien, die den Ausschlag geben. Andererseits scheitern viele Versuche Ideen umzusetzen, daran, dass sie zwar oberflächlich betrachtet attraktiv sind, bei einer genaueren Prüfung allerdings durchfallen. Kunden bemerken das häufig schneller als Hersteller.

Der Sinntest bezieht sich dabei auf Ideen, die sich in einem offenen Kontext bewegen, also mit dem Leben oder der Natur in Berührung stehen. Teile eines geschlossenen Systems, etwa eine Maschine, fallen weniger darunter, außer das System öffnet sich (Maschine zerbricht, giftiges Schmiermittel tritt aus …)

 

Überleben in der Wildnis:

·      Was geschieht, wenn die unendlich vielen freien Kräfte des Lebens auf das Ergebnis einwirken?  Salz nagt an Dichtungen, Menschen ändern ihre Gewohnheiten, Veränderungen durch die Idee bewirken andere Veränderungen … die erzeugen Widerstand (Arbeitslose sabotieren Roboter)

·      Was geschieht, wenn das Ergebnis missbraucht wird? Ein Tyrann bekommt Macht über Atomwaffen ...

·      Muss jemand darauf aufpassen und ist das zuverlässig? Auch in hunderten Jahren, auch wenn es wirtschaftlich unattraktiv wird, auch gegen kriminelle oder extreme Bedrohungen?

 

Würde:

·      Werden Menschen (und Wesen) in ihrer freien Selbstbestimmtheit beeinträchtigt? (durch gezielte Information, durch Verhaltensbeobachtung, durch Belohnung und Bestrafung)

·      Werden Menschen (und Wesen) funktionalisiert und aus einem verdeckten Interesse heraus zu einem bestimmten Verhalten gebracht? (z.B.: Beeinflussung von Navigationssystemen, Steuerungstechniken in Gebäuden)

 

Entscheidung:

 

·      Werden Entscheidungen über richtiges oder falsches Verhalten automatisiert und nehmen so Einfluss auf Menschen und Wesen? (Blitzautomat im Verkehr, Verhaltensabhängige Versicherungsverträge)

·      Werden bestimmte Annahmen zu Richtig und Falsch gemacht, von denen die Idee abhängt? (Menschen dürfen nicht sterben, Risiken müssen ausgeschaltet werden, Kinder müssen vor Enttäuschung bewahrt werden)

 

Ordnungstoleranz:

·      Kann die Idee einen Wechsel der Ordnung überstehen (etwa des Steuersystems oder der Straßenverkehrsordnung) 

·      Lässt die Idee einen Wechsel des Ordnungssystems zu?

·      Ist die die Idee stabil gegenüber einer vielfältigen und flexiblen Auffassung von Ordnung? (ein Dorf organisiert sich anders als eine Stadt, ein Nachbarschaftsgefüge verträgt sich nicht mit Kurzzeitvermietung von Wohnraum, eine Anonyme Wohnsituation schon …).

 

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Einige Beispiele:

Hochgeschwindigkeits-Börsenhandel:

 

·      Überleben in der Wildnis: wird missbraucht, ist in seinem Verhalten kaum steuerbar.

·      Würde: zwingt Menschen zu Verhaltensmustern wider ihre Interessen, da die Handelsregeln die Unternehmensführung nach fremden Interessen beeinflussen.

·      Entscheidung: hochgradig automatisiert – Automaten bestimmen über Vermögen nach Regeln, die nichts mehr mit Gesellschaften zu tun haben.

·      Ordnungstoleranz: zwingt ein Ordnungssystem durch permanente Überlastung, sich selbst zu erhalten, damit es nicht zusammenbricht und alles mit sich reißt. Reduziert die Entscheidungskompetenz der Menschen, da diese nicht mehr üben.

 

Hochgeschwindigkeits Börsenhandel ist daher in jeder Hinsicht sinnlos und wird zurecht von fast allen Menschen als Widersinnig abgelehnt. Es ist schwer vermittelbar, warum er weiter zugelassen ist. Aus der Sicht derer, die davon profitieren, sieht es natürlich anders aus.

 

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Abschaffung des Bargeldes:

·      Überleben in der Wildnis: Hohe Abhängigkeit von funktionierender Netzinfrastruktur. Hohes Risiko von digitaler Fälschung, hohes Risiko des Missbrauches durch Geldflussbeobachtung bis hin zu individuellen Protokollen und Profilen.

·      Würde: völlige Transparenz des Tauschverhaltens widerspricht dem Recht auf Geheimnisse und informationelle Selbstbestimmung.

·      Entscheidung: die damit verbundene Automatisierung von Preisen und Werten steht gegen eine individuelle Wertschätzung und die damit verbundenen Freiheiten.

·      Ordnungstoleranz: Wegen der Systemstringenz hochanfällig gegenüber Schattenwährungen aller Art und damit eher destabilisierend im Sinne einer Ordnung.

 

Abschaffung des Bargeldes ist daher fast vollständig sinnlos und kontraproduktiv im Sinne einer Ordnung. Die Befürworter, Banken und Polizei, haben ihr eigenes Interesse, das sich nicht mit den übrigen Bedürfnissen einer Gesellschaft deckt.

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Elektromobilität:

·      Überleben in der Wildnis: abhängig von Energiequellen, die Strom liefern können, die sind aber in relativ großer Vielfalt denkbar. Umweltfreundliche Entsorgung von Batterien ist möglicherweise ein ungelöstes Problem.

·      Würde: keine signifikante Einschränkung der persönlichen Freiheiten, abgesehen von der emotionalen Bindung an den Klang von Benzinmotoren.

·      Entscheidung: ein Zwang zur Umstellung wäre eine große gesellschaftliche Herausforderung, die sicherlich Widerstand erzeugt.

·      Ordnungstoleranz: Versorgungssicherheit auch in abgelegenen Gebieten und mit angemessener Verfügbarkeit und Geschwindigkeit können ein Problem darstellen.

 

Elektromobilität ist daher mit einiger Wahrscheinlichkeit sinnvoll, wobei es noch einige ungeklärte Fragen gibt, allen voran die Entsorgung von Batterien.

 

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